Lauterbach will Neupatientenregelung streichen - Scharfe Kritik aus der Ärzteschaft
Auf scharfe Kritik in der Ärzteschaft sind die am Dienstag vorgestellten Eckpunkte eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes gestoßen. Die darin unter anderem vorgesehene Abschaffung der Neupatientenregelung stelle eine „echte Leistungskürzung“ dar, betonte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen.
„Es kann und darf nicht sein, dass am Ende das enorme Engagement der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bestraft wird, Neupatienten zusätzliche Termine anzubieten, so wie es die Politik auch gewollt hatte“, betonte Gassen und fügte hinzu: „Das Vertrauen der Ärzteschaft in die Politik wird damit ein weiteres Mal erschüttert.“
Für KBV-Vorstandsvize Dr. Stephan Hofmeister stellt sich die Frage, „wie zuverlässig politische und gesetzliche Zusagen sowie Aufträge letztlich sind angesichts einer offenbar immer kürzer werdenden Halbwertszeit“.
Mit der Finanzreform will Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach die Neupatientenregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz zum 1. Januar 2023 ersatzlos streichen. Diese hatte sein Vorgänger vor drei Jahren eingeführt, damit auch Patienten, die keinen „festen“ Hausarzt oder Orthopäden haben, schneller einen Termin bekommen. Ärztinnen und Ärzte erhalten dazu die Behandlung neu aufgenommener Patienten seit September 2019 extrabudgetär und somit in voller Höhe vergütet.
BMG: GKV-Defizit so hoch wie noch nie
Lauterbach hatte am Dienstag seine Sparpläne zur Sanierung der GKV-Finanzen vorgelegt. Er bezifferte das GKV-Defizit für 2023 auf 17 Milliarden Euro – so viel wie noch nie – und verwies darauf, dass er es von seinem Vorgänger geerbt habe.
Die drei zentralen Maßnahmen sind ein erhöhter Steuerzuschuss von zwei Milliarden Euro, ein Bundesdarlehen in Höhe von einer Milliarde Euro sowie eine Erhöhung des Zusatzbeitrages um 0,3 Beitragspunkte.
Außerdem sollen die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenversicherung und des Gesundheitsfonds auf das gesetzliche Minimum reduziert werden: Vier Milliarden Euro würden so bei den Kassen frei, 2,4 Milliarden Euro beim Gesundheitsfonds.
Drei weitere Milliarden sollen durch Effizienzsteigerungen „ohne Leistungskürzungen“, wie Lauterbach betonte, eingespart werden. Eine Maßnahme betrifft die Neupatientenregelung.
Kontraproduktives Signal im Hinblick auf die Notfallreform
Aus Sicht der KBV stellt die Streichung der Neupatientenregelung auch ein kontraproduktives Signal im Hinblick auf die Notfallreform dar. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Steuerung mittels Ersteinschätzung mache es erforderlich, dass Praxen Anreize haben, die meist kurzfristig zu vermittelnden Patienten – 75 Prozent der Anrufer auf der 116117 benötigen Behandlung binnen 24 Stunden oder kürzer – auch sofort aufzunehmen, sagte Hofmeister.
Die KBV wird die erwarteten gesetzlichen Regelungen intensiv prüfen und sich in das Verfahren einbringen.
Quelle: KBV