Stammzellenforschung: Regeneration der Photorezeptoren?
Eine präklinische Studie, bei der Stammzellen zur Herstellung von Vorläuferzellen der Photorezeptoren verwendet und diese dann in experimentelle Modelle geschädigter Netzhäute transplantiert wurden, führte zu einer deutlichen Verbesserung des Sehvermögens. Das könnte den Weg für die Entwicklung von stammzellbasierten Therapeutika für Netzhautdegenerationen ebnen.
An der Studie Photoreceptor laminin drives differentiation of human pluripotent stem cells to photoreceptor progenitors that partially restore retina function, die gerade in Molecular Therapy veröffentlicht wurde, arbeiteten Wissenschaftler der Duke-NUS Medical School der National University of Singapore, des Singapore Eye Research Institute und des schwedischen Karolinska Institute zusammen.
Erblindung, die durch fortgeschrittene Stadien hereditärer Netzhauterkrankungen wie Retinitis pigmentosa und durch altersbedingte Makuladegeneration verursacht wird, ist durch den Verlust von Photorezeptoren gekennzeichnet. Eine Zelltherapie, bei der sie durch funktionsfähige photorezeptorähnliche Zellen ersetzt werden, die aus menschlichen pluripotenten Stammzellen gewonnen werden, wäre also sehr vielversprechend.
„Unser Labor hat ein neuartiges Verfahren entwickelt, das die Herstellung von Vorläuferzellen der Photorezeptoren ermöglicht, die denen in menschlichen Embryonen ähneln", so Tay Hwee Goon, Assistant Professor am Duke-NUS Centre for Vision Research und Erstautorin der Studie . „Die Transplantation dieser Zellen in experimentelle Modelle hat zu einer teilweisen Wiederherstellung der Netzhautfunktion geführt."
Prof. Tay und ihr Team haben ein Verfahren entwickelt, um menschliche embryonale Stammzellen in Gegenwart von Lamininen zu züchten. Laminine sind Glykoproteine und Bestandteil der Basallamina. Sie können die Zelldifferenzierung triggern und sind an der normalen Entwicklung der menschlichen Netzhaut beteiligt. In Gegenwart der Laminine konnten die Stammzellen dazu gebracht werden, sich in Vorläuferzellen von Photorezeptoren zu differenzieren. Als diese Zellen in geschädigte Netzhäute transplantiert wurden, zeigten die präklinischen Modelle eine signifikante Erholung des Sehvermögens.
Die Forscher arbeiteten mit dem Modell der rd10 Maus, die die erwünschte Form der Photorezeptor-Degeneration aufweist. Sie beobachten, dass die Transplantation die äußere Körnerschicht der Wirtstiere bis zu 2 Wochen schützen konnte. Das ergaben Messungen mit einem Vollfeld-Elektroretinogramm. 4 Wochen nach der Transplantation wurde festgestellt, dass die transplantierten Zellen überleben, reifen und sich mit den bipolaren Stäbchenzellen des Wirts verbinden. Die Bewertung des Sehverhaltens mithilfe des Morris-Wasserlabyrinths zeigte eine Verbesserung des Sehvermögens der zelltransplantierten Tiere. 20 Wochen nach der Transplantation waren die heranreifenden transplantierten Zellen in der Lage, den Verlust in der äußeren Körnerschicht des Wirts zu ersetzen, indem sie sich mit den bipolaren Zellen und Synapsen verbanden. Die Ergebnisse könnten den Weg für die Entwicklung von stammzellbasierten Therapeutika für Netzhautdegenerationen ebnen.
Regionen der Photorezeptorenregeneration in den Netzhäuten präklinischer Modelle (innerhalb der gestrichelten Kästchen), gekennzeichnet durch verschiedene molekulare Marker der Photorezeptorfunktion (oben rechts genannt). Bild: Tay Hwee Goon / Duke-NUS Medical School
„Diese Ergebnisse zeigen einen vielversprechenden Weg zur Verwendung von Stammzellen für die Behandlung von Formen von Sehverschlechterung und Blindheit, die durch den Verlust von Photorezeptoren verursacht werden", sagte Dr. Helder Andre, Leiter der Molekular- und Zellforschung der Abteilung für klinische Neurowissenschaften des Karolinska-Instituts und einer der Hauptautoren der Studie.
Associate Professor Enrico Petretto, Direktor des Centre for Computational Biology an der Duke-NUS und Leiter der bioinformatischen Analyse der Studie, fügte hinzu: „Unsere Methode könnte auch nützlich sein, um die molekularen und zellulären Pfade zu verstehen, die das Fortschreiten der Makuladegeneration vorantreiben, was vielleicht zur Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze führen könnte.“
„Wenn wir in unseren künftigen Studien vielversprechende Ergebnisse erzielen, hoffen wir, dass wir zu klinischen Versuchen an Patienten übergehen können", sagte Prof. Karl Tryggvason vom Duke-NUS-Programm für kardiovaskuläre und metabolische Störungen und der Erstautor der Studie. „Das wäre ein wichtiger Schritt, um Schäden an der Netzhaut rückgängig zu machen und das Sehvermögen wiederherzustellen".
Das Protokoll, das dem von Prof. Tay entwickelten Verfahren zugrunde liegt, wurde inzwischen an das schwedische Biotech-Start-up-Unternehmen Alder Therapeutics lizenziert.
Zur Originalarbeit:
Tay HG, Andre H, Chrysostomou V, et al. Photoreceptor laminin drives differentiation of human pluripotent stem cells to photoreceptor progenitors that partially restore retina function. Molecular Therapy. 2023;31(3):825-846.
Quelle: Duke-NUS Medical School