Retinitis pigmentosa: Neue Gentherapie vor klinischem Einsatz
Ein internationales Forschungsteam hat eine Gentherapie gegen eine spezifische Form der Retinitis pigmentosa erfolgreich an Hunden getestet. Jetzt soll sie in einer klinischen Studie an menschlichen Patienten erprobt werden.
Ein Forschungsteam unter Federführung von Prof. Simon Petersen-Jones vom College of Veterinary Medicine der Michigan State University hat in der Zeitschrift „Molecular Therapy" Studienergebnisse zu einer Gentherapie für CNGB1-bedingte Retinitis pigmentosa (RP45) veröffentlicht. An dem Forschungsprojekt war auch Prof. Dr. Stylianos Michalakis von der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München beteiligt.
Retinitis pigmentosa bezeichnet eine Gruppe von progredienten, durch Vererbung oder spontane Mutation entstehende Netzhautdegenerationen, bei denen die Photorezeptoren zerstört werden. Der Sehverlust beginnt bereits in jungen Jahren und schreitet im Laufe des Lebens fort. Retinitis pigmentosa betrifft etwa 100.000 Menschen in den USA und 2 Millionen Menschen weltweit. Die Ursachen der Erkrankung sind sehr heterogen, da über 80 ursächliche Gene bekannt sind. Eine Form betrifft das Gen für den Cyclischen Nucleotid-gesteuerten Ionenkanl Beta 1 (CNGB1).
„Es besteht derzeit ein Unmet Need nach Therapieoptionen, die die Sehkraft von Patienten mit CNGB1-bedingter Retinitis pigmentosa erhalten“, so Prof. Petersen-Jones. „Diese vielversprechende Therapie, die bei Hunden sehr gut wirkt, ist nun so weit entwickelt, dass der nächste Schritt darin besteht, sie in einer klinischen Studie an menschlichen Patienten zu erproben.“
Sowohl Menschen als auch Hunde besitzen das CNGB1-Gen. Ist es defekt, entwickeln Hunde progrediente Netzhautatrophie, Menschen eine spezifische Form der Retinitis pigmentosa.
Adeno-assoziiertes Virus als Vektor
In der Studie verwendete Petersen-Jones ein Adeno-assoziiertes Virus als Vektor, um eine intakte Kopie des CNGB1-Gens unter Kontrolle eines neuen Genpromotors zu übertragen. Der neuartige Promotor, der von Petersen-Jones' Mitarbeitern entwickelt wurde, ist eine modifizierte Form des Promotors für menschliches Rhodopsin. Der Promotor stellt sicher, dass das durch das Therapeutikum eingeführte CNGB1-Gen nur in der Zielzellen – den Stäbchen – aktiv ist. Das Therapeutikum wird unter die Netzhaut injiziert, sodass es in die Stäbchenzellen gelangt. Hier stellt es die normale Funktion der Zellen und damit das skotopische Sehen wieder her. Außerdem stoppt es die Anhäufung toxischer Mengen von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP), die ungebremst zum Zelltod führen würde und es bewahrt die Funktion der Zapfen, die in unbehandelten Augen mit dem Absterben der Stäbchen verloren geht.
Da die neue Gentherapie bei Hunden mit Netzhautatrophie aufgrund von Mutationen im CNGB1-Gen wirksam ist, soll sie nun auch bei Menschen mit CNGB1-bedingter Retinitis pigmentosa zum Einsatz kommen.
„Wir sind sehr zuversichtlich, dass diese Therapie die gleichen positiven Ergebnisse wie bei Hunden in einer klinischen Studie beim Menschen zeigen wird und zu einer erfolgreichen, von der FDA zugelassenen Therapie für CNGB1-Retinitis pigmentosa führen wird“, erklärte Petersen-Jones.
An dieser Studie waren 20 Autoren aus acht internationalen Einrichtungen, darunter Hochschulen und Industrie, beteiligt.
Quelle: Michigan State University
Zur Originalarbeit: Development of a translatable gene augmentation therapy for CNGB1-retinitis pigmentosa