Ärztestatistik 2022: Keine Wende in Sicht

Im dritten Jahr in Folge bleibt das Wachstum der Zahl der Ärztinnen und Ärzten in Deutschland hinter den Erwartungen zurück, so die BÄK. Ein großer Teil der Ärzteschaft wird in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. In der Augenheilkunde sank die Zahl der niedergelassenen Augenärztinnen und -ärzte im vergleich zum Vorjahr um fast 9 %.

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Die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte ist im Jahr 2022 geringfügig um 1,2 Prozent auf rund 421.000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte gestiegen, so das Ergebnis der Ärztestatistik 2022 der Bundesärztekammer (BÄK).

Nachdem das Wachstum der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte schon in den Pandemiejahren 2020 und 2021 (je +1,7 % zum Vorjahr) hinter den Erwartungen zurückblieb, fiel das Wachstum im Jahre 2022 ebenfalls spürbar geringer aus als noch im Jahr vor der Pandemie (+2,5 %).

Die Zahlen für die Augenheilkunde

Die Gesamtzahl der Augenärztinnen und -ärzte wuchs 2022 im Vergleich zum Vorjahr nur leicht um 1,1 % auf 8.064 (4.027 Ärztinnen).

  gesamt niedergelassen angestellt
ambulant tätig  6.698 / Ärztinnen 3.387 3.846 / Ärztinnen 1.745 2.852 / Ärztinnen 1.642
       
  gesamt leitende Ärzte gleichzeitig in Praxis
stationär tätig 1077 / Ärztinnen 499 123 / Ärztinnen 15 58 / Ärztinnen 16
       

 

Berufstätige Augenärztinnen und -ärzte nach Altersgruppen 
bis 34 Jahre 35 - 39 Jahre 40 - 49 Jahre 50 - 59 Jahre 60 - 65 Jahre über 65 Jahre
404 1037 1965  2315 1344 999
           
Stationär tätige Augenärztinnen und -ärzte gesamt: 1.077, Veränderung zum Vorjahr: +0.7 %
172 281 312 197 91   24
           
Niedergelassene Augenärztinnen und -ärzte gesamt: 3846, Veränderung zum Vorjahr: -8.9 %
18 131   738    1542      924      493
           

 

Anerkennung von Facharztbezeichnungen Augenheilkunde
2020   2021  20202 
291 / Ärztinnen 156 327 /Ärztinnen  194 341 / Ärztinnen 194

 

Leichter Rückgang bei den der Facharztanerkennungen

Das Wachstum im ambulanten (+1,1 %) und stationären (+1,2 %) Bereich fiel in etwa gleich stark aus, wohingegen die Zahl an niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten um 3,8 Prozent sank.

Ungebrochen ist der Trend zu Angestelltenverhältnissen im ambulanten Bereich: hier wurde ein Rekordwachstum von 12,6 % im Vergleich zum Vorjahr festgestellt.

Bei der Zahl der Facharztanerkennungen wurde ein leichter Rückgang um –0,2 % gemeldet, nachdem in den Vorjahren noch moderate Wachstumsraten von 1,9 Prozent (2021) und 0,6 Prozent (2020) verzeichnet wurden.

Erfreulicher entwickelte sich die Zahl der neu erworbenen Zusatz-Weiterbildungen, die um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr anwuchs.

Die Zahl an Zusatz-Weiterbildungen zeigt als eine der wenigen Indikatoren Zeichen eines Aufholprozesses nach den Pandemiejahren, in denen die Entwicklung der neu vergebenen Zusatz-Weiterbildungen beeinträchtigt war.

Beunruhigende Entwicklung

Grundsätzlich aber überwiegen die Anzeichen für eine beunruhigende Entwicklung. Die Zahl an deutschen Staatsbürgern, die zum ersten Mal Mitglied bei einer Ärztekammer wurden, nahm im dritten Jahr in Folge ab und liegt zum 31. Dezember 2022 mit 8 608 knapp fünf Prozent unter dem Wert des Jahres 2019.

Erstmeldungen von ausländischen Staatsbürgern, welche in der Vergangenheit für Erleichterung auf dem Arbeitsmarkt für Ärztinnen und Ärzte sorgten, liegen in etwa auf dem Wert von 2019.

Die Zahl der Abwanderungen aus Deutschland hingegen stieg auf 2 290 Ärztinnen und Ärzte. Dieser Wert liegt im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent höher, nachdem dieser Wert bereits im Vorjahr um rund 15 Prozent angestiegen war.

Auch demografische Entwicklungen verknappen die Zahl an Ärztinnen und Ärzte in der medizinischen Versorgung. So stieg die Anzahl an Ärztinnen und Ärzten im Ruhestand um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr beziehungsweise um 12 Prozent seit 2019.

Fast die Hälfe aller Ärztinnen und Ärzte älter als 50

Es ist zu befürchten, dass dies nur der Vorbote einer Entwicklung ist, anderen Ende eine Welle von Eintritten in den Ruhestand steht.

Bereits heute haben fast die Hälfe aller Ärztinnen und Ärzte (oder 46 Prozent) das 50. Lebensjahr überschritten.

28 Prozent aller Fachärztinnen und Fachärzte sind 60 Jahre und älter. Von allen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sind 41 Prozent über 60 Jahre alt.

Neun Prozent aller Ärztinnen und Ärzte sind 65 Jahre oder älter und stehen dem Arbeitsmarkt häufig nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung.

Eine Auswertung der normalerweise geleisteten Wochenarbeitszeiten von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Altersgruppen, die im Mikrozensus erfasst wurden, bestätigt dies.

Zwar leisten Ärztinnen und Ärzte im Vergleich zu anderen Berufsgruppen relativ viele Wochenarbeitsstunden und stehen dem Arbeitsmarkt häufig auch über das Renteneintrittsalter hinaus zur Verfügung.

Jedoch nimmt der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Ärztinnen und Ärzte nach dem 65. Lebensjahr sprunghaft von 18 Prozent (unter den 60 bis 65-Jährigen) auf 58 Prozent zu.

Diese Ärztinnen und Ärzte arbeiten mit normalerweise 16 Wochenstunden nur rund ein Drittel der Wochenarbeitszeit einer ärztlichen Vollzeitkraft.

Diese Auswertung zeigt ebenso, dass selbst diejenigen Ärztinnen und Ärzte, die nach dem 65. Lebensjahr weiterhin in Vollzeit tätig sind, ihre normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit leicht von rund 48 Stunden auf unter 47 Stunden reduzieren.

Ärztliche Teilzeitkräfte reduzieren ihre Wochenarbeitszeit demnach von 28 Stunden auf 23 Stunden wie dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen ist.

Viele vor dem Ruhestandsalter

Welche Botschaften hält die neue Ärztestatistik bereit? Es ist festzustellen, dass die bloße Zahl an Ärztinnen und Ärzte in der Ärztestatistik wenig über die tatsächlich zur Verfügung stehende ärztliche Arbeitszeit aussagt.

Dem mengenmäßigen (geringfügigen) Wachstum müssen langfristig sinkende Wochenarbeitsstunden gegenübergestellt werden.

Zudem gilt es, die sich abzeichnenden Entwicklungen aufgrund des demografischen Wandels im Blick zu behalten.

Eine relativ große Gruppe von Ärztinnen und Ärzten ist zwischen 50 und 65 Jahre alt und nähert sich dem Ruhestandsalter.

Diese große Gruppe ist momentan gekennzeichnet von hohen Wochenarbeitsstunden, wird aber nach Erreichen des 65. Lebensjahres erfahrungsgemäß überwiegend in den Ruhestand eintreten oder in Teilzeit tätig sein.

Um in Zukunft eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleisten zu können, braucht es entschlossenes Handeln, um durch den Ausbau von Aus- und Weiterbildungskapazitäten ausreichenden ärztlichen Nachwuchs ausbilden zu können.

Quelle: Bundesärztekammer / Ärztestatistik 2022