„Spannende Themen, erstklassige Referenten“ - Ein Interview mit DOC-Präsident Dr. Armin Scharrer
Die DOC in Nürnberg gilt als einer der wichtigsten Kongresse für operierende Augenärzte. Er bietet die Möglichkeit zur ebenso umfassenden wie praxisnahen Fort- und Weiterbildung. DOC-Präsident Dr. Armin Scharrer über die spezifischen Angebote für den ophthalmologischen Nachwuchs, aktuelle Kontroversen und die Seminarreihe „Für die Praxis des Augenarztes“.
Was würden Sie jungen Kollegen raten, die sich für eine Karriere als Ophthalmochirurg interessieren?
Dr. Armin Scharrer: Ich würde ihnen raten, in Theorie und Praxis sich intensiv mit dem Fach Ophthalmochirurgie zu beschäftigen. Es macht Sinn, sich frühzeitig von den verschiedenen Subspezialitäten in der Augenchirurgie ein Bild zu machen und die eigene Neigung und Begabung für einzelne Sparten einzuschätzen. Die gesamte Ophthalmochirurgie kann heute keiner mehr erlernen, dazu ist sie zu umfassend und vielgestaltig.
Was bietet die DOC speziell dem ophthalmologischen Nachwuchs?
Speziell für ophthalmochirurgisch interessierte und engagierte junge Kollegen haben wir viele Veranstaltungen im Programm, u. a. den Kurs KA1 „Die Ausbildung zum Ophthalmochirurgen“, daneben zwei Wetlabs (W-KA1 und W-KA2) mit demselben Thema. Wir bieten an KA3, „Leitfaden kleine Chirurgie für den Assistenzarzt“ und W-KA3, den „Nahtkurs Lidchirurgie“. Ebenso besonders interessant für junge Kolleginnen und Kollegen KA2 „Grundlagen der Ultraschalldiagnostik und Biometrie“ sowie die Kurse KA4 „Glaukomdiagnostik“ und das Consilium Diagnosticum und Consilium Therapeuticum und die Operationskurse OP 1 „Pars Plana Vitrektomie“, OP 2 „Antiglaukomatöse Stents“ und OP 3 „Einführung in die Kataraktchirurgie – Die Phakoemulsifikation step by step“.
„Pro & Contra-Diskussionen“ und „Aktuelle Kontroversen“ gehören zu den prägenden Veranstaltungen im Rahmen der DOC. Zu welchen Themen besteht in diesem Jahr besonderer Diskussionsbedarf?
In der Hornhautchirurgie geht es um die „Endothelsubstitution: Injektion von kultivierten Endothelzellen vs. Endo-Art“. Im Bereich Glaukom werden zwei Kontroversen diskutiert: „Was tun, wenn der Augendruck nach Filtrations-OP wieder ansteigt? Revision oder medikamentöse Therapie?“ und „Ist die ambulante Glaukomchirurgie der neue Standard?“.
In der Cataractchirurgie geht es um „Astigmatismuskorrektur bei MIOL: Linsen- oder Hornhautebene?“ und „Cataract, Peeling & Pucker – simultan oder zweizeitig?“.
Im Bereich Retina geht es um die Kontroverse „Heads-up Chirurgie vs. iOCT – was ist wichtiger?“.
Was bietet die Seminarreihe „Für die Praxis des Augenarztes“?
Die Seminarreihe für die Praxis des Augenarztes bietet spannende, aktuelle Themen mit erstklassigen Referenten. Am Freitag, 16. Juni ab 12.00 Uhr u.a. folgende Referate: „Makuläre Blutung – was tun?“ (P. Müther), „Geographische Atrophie – sind jetzt neue Therapien verfügbar?“ (J. Siedlecki), „Die Differentialdiagnose von Makulaerkrankungen im OCT“ (F. Ziemssen), „Implantierbares Miniatur-Teleskop (IMT) bei AMD - Indikation und Technik“ (G. Auffarth), „Glaukomprogression – mit welchen Parametern und Methoden beurteile ich die Progression der glaukomatösen Opticusatrophie am besten?“ (C. Lommatzsch).
Am Samstag, 17. Juni ab 08.30 Uhr gibt es ebenfalls ein spannendes Programm, u.a. mit „Burnout bei Ärzten – Signs and Symptoms, wie können wir uns davor schützten“ (J. Wulff), „Was gibt es Neues bei der Behandlung des „trockenen“ Auges (Dry eye disease)?“ (T. Kaercher), „Kongenitales Glaukom“ (A. Schuster), „LASIK vs. Laser-Lentikel-Extraktion – Erfolgsrate und Komplikationen“ (M. Dirisamer) sowie „Management der Uveitis bei juvenilem Rheuma“ (A. Heiligenhaus).
Was zählt für Sie zu den besonderen Highlights des diesjährigen wissenschaftlichen Programms?
Im Mittelpunkt des Interesses steht auch in 2023 wieder die Hall of Fame. Zwei herausragende Persönlichkeiten der deutschsprachigen Augenheilkunde werden in 2023 in die Hall of Fame aufgenommen: Thomas Neuhann und Anselm Kampik. Beide haben Herausragendes für das Fach Augenheilkunde und Augenchirurgie geleistet.
In der Hauptsitzung (General Session) erwarten uns interessante Vorlesungen: John Marshall spricht zum Thema „Lasers in Refractive Surgery: developments and future perspectives“. Chee Soon Phaik aus Singapur präsentiert die Ridley Lecture „Tackling the infeasible: surgical strategies in very difficult eyes“. Marcus Blum, Erfurt, hält die DOC Innovators Lecture (Albrecht von Graefe-Vorlesung) „Entwicklung der Lentikel Extraktion: Die bessere Alternative zur LASIK?“.
Preisverleihungen runden die General Session ab, und zwar erhält den DOC Preis für herausragende Leistungen in Fort und Weiterbildung Caroline Schier Wyss aus Binningen, Schweiz. Der DOC Forschungspreis geht an Alexander Schuster, Mainz, und den DOC Wissenschaftspreis Retina erhält Barbara Parolini aus Verona.
Welche Operationen werden im Rahmen des „Video Live Surgery Festivals“ gezeigt?
Folgende Operationsfilme werden im Rahmen des Video Live Surgery Festivals aus der Uni-Augenklinik Hamburg am Freitag, 16.06. von 08.00-10.00 Uhr gezeigt: „Operation einer kongenitalen Katarakt“ (M. Spitzer), „Sekundärimplantation einer skleratunnelfixierten IOL“ (M. Schultheiß), „Phakoemulsifikation mit Hinterkammerlinse bei Floppy Iris Syndrom“ (A. Hassenstein), „Tiefe Sklerektomie“ (M. Steuernagel), „Netzhautablösung bei Netzhaut-Aderhautkolobom“ (M. Spitzer).
Die Auswahl an Premium- und Sonderlinsen wird immer größer, der Markt immer unübersichtlicher. Inwiefern bietet die DOC hier Orientierung?
Sowohl in der Hauptsitzung Cataractchirurgie am Donnerstag, 15.06. ab 10.00 Uhr wie auch in der Hauptsitzung Refraktive Chirurgie am Freitagnachmittag werden Wirkung und Nebenwirkungen der einzelnen Linsentypen differenziert diskutiert. Da die Anforderungen an das Sehen in unserer digitalen Welt immer größer werden, ist es mehr als sinnvoll, dass für unterschiedliche Anforderungsprofile bei unterschiedlichen Ausgangssituationen unterschiedliche Intraokularlinsen entwickelt werden.
Bei Katarakt-Operationen entscheiden sich geschätzt 95 Prozent der Patienten für eine monofokale Standard-IOL. Woran liegt das Ihrer Meinung nach und wie könnte man mehr Patienten von den Vorteilen der Premium-IOL überzeugen?
Nach wie vor entscheiden sich viele Patienten für die, ohne Zweifel, sehr guten Monofokallinsen, die bis heute zur Verfügung stehen. Ursache dafür ist vermutlich ein Festhalten am Althergebrachten, das gilt für Patient und beratenden Arzt gleichermaßen, zum anderen spielt auch der höhere Preis bei Premiumlinsen eine Rolle. Eindeutig geht jedoch der Trend zu Premiumlinsen, und zwar nicht nur bei uns in Deutschland und Europa, sondern genauso auch in USA und China. Intensive Beratung und differenzierte Aufklärung über Vor- und Nachteile dieser Linsen sind von großer Bedeutung.
Stichpunkt Digitalisierung und Künstliche Intelligenz – inwieweit spielt dieses Themenfeld eine Rolle auf dem Kongress?
Digitalisierung und KI spielt auch bei der DOC 2023 eine wichtige Rolle. So bieten wir an das „Symposium Telemedizin in der Augenheilkunde“ mit dem Vortrag „Künstliche Intelligenz in der Augenheilkunde: automatisiertes interdisziplinäres Screening bei diabetischer Retinopathie und andere Anwendungen“ (Andreas Stahl, Greifswald).
Bei den Hauptvorträgen Refraktive Chirurgie steht die Key Note Lecture „Robotic Eye Surgery“ von J. Kapetanovic, Oxford, auf dem Programm. Außerdem im Anästhesie-Symposium zwei Vorträge zum Thema „Künstliche Intelligenz in der modernen Medizin – Aus der Sicht des Anästhesisten“ und „Aus der Sicht des Ophthalmologen“.
Wie ist die Industrie dieses Jahr präsent? Wie viele Aussteller sind im Nürnberg Convention Center vor Ort?
Die Industrie zeigt auch in diesem Jahr wieder eine hohe Präsenz bei der DOC. Wir werden über 140 Aussteller im Nürnberg Convention Center haben. Ausstattung und Angebot an den Ständen der Industrie sind außerordentlich differenziert und großzügig, damit ein sehr gutes Angebot für die Teilnehmer der DOC.
Für alle, die nicht nach Nürnberg kommen können: Welche Veranstaltungen kann man auch online besuchen?
Alle Veranstaltungen im großen Saal (Saal Tokio) können auch 2023 online besucht werden, d. h. die Hauptvorträge Cataractchirurgie, Glaukomchirurgie, Lidchirurgie, Hornhautchirurgie, Refraktive Chirurgie und Retina sowie die General Session, die beiden Video Live Surgery Sitzungen und das Videosymposium „Komplikationsmanagement in der Kataraktchirurgie“.
Welche Entwicklungen bzw. Verfahren in der Ophthalmochirurgie finden Sie persönlich derzeit am spannendsten?
Neben den neuen Entwicklungen von Medikamenten für altersabhängige trockene und feuchte Makuladegeneration fasziniert ganz besonders der Zeitenwechsel im Bereich Refraktive Chirurgie zur Presbyopiebeseitigung. Hier sehen wir einen klaren Trend zur refraktiven Linsenchirurgie, ganz besonders bei hyperopen und emmetropen Patienten.
Wir danken für das Interview!
Fragen: Achim Drucks
35. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgie (DOC)
15. – 17. Juni 2023
Nürnberg Convention Center, NCC Ost