Grundlagenforschung: Stabilisierung der Blickrichtung
Grundlagenforschung: Stabilisierung der BlickrichtungForscher der Universitätsmedizin Göttingen haben untersucht, wie dieNervenzellen des Auges auf die ständigen Änderungen der Augenpositionreagieren und entdecken „Déjà-vu“-Detektoren. Die Erkenntnisse könntenauch für die Entwicklung von künstlichen Netzhäuten von Bedeutung sein.Änderungen der Blickrichtung und Blinzeln beeinflussen kontinuierlich dasauf die Netzhaut fallende Abbild der visuellen Umgebung.Wir sehen ...
Grundlagenforschung: Stabilisierung der Blickrichtung
Forscher der Universitätsmedizin Göttingen haben untersucht, wie
die
Nervenzellen des Auges auf die ständigen Änderungen der
Augenposition
reagieren und entdecken „Déjà-vu“-Detektoren. Die Erkenntnisse
könnten
auch für die Entwicklung von künstlichen Netzhäuten von Bedeutung
sein.
Änderungen der Blickrichtung und Blinzeln beeinflussen
kontinuierlich das
auf die Netzhaut fallende Abbild der visuellen
Umgebung.
Wir sehen nur dann klar, wenn unser Sehsinn scharfe Bilder
liefert. Dabei
scheinen unsere Augen ständig in Bewegung zu sein. Mehrmals
pro Sekunde springen sie, meist von uns unbemerkt, von einer Position zur
anderen, um die visuelle Umgebung abzuscannen und unserem Sehsinn neue
Details zu liefern.
Zwischen diesen Bewegungen müssen die Augen jedoch
möglichst starr
verharren. So geben sie den Nervenzellen im Auge genug Zeit,
um das aktuelle Bild zu verarbeiten, ohne es durch weitere Bewegungen
verschwimmen zu lassen: Wir „fixieren“ den Blick.
Die Fixierung des
Blicks gelingt gesunden Augen, obwohl sie dabei ständig
gestört werden, etwa
durch Ermüden oder Zucken der Augenmuskulatur oder durch Blinzeln der
Augenlider. Dazu muss die Augenposition ständig
überprüft und gegebenenfalls
korrigiert werden. Bisher ist ungeklärt, wie
genau es unser Sehsystem
schafft, den Blick stabil zu halten. Die nötige
Information dafür scheint das
Sehsystem selbst zu liefern. Die Fähigkeit
zur genauen Fixierung nimmt bei
Fehlsichtigkeit oder altersbedingter
Sehschwäche ab.
Spezielle Nervenzellen sorgen für Fixierung
Wissenschaftler an der Klinik für
Augenheilkunde der Universitätsmedizin
Göttingen (UMG) haben nun Nervenzellen
im Auge von Mäusen entdeckt, die bei der Stabilisierung der Blickrichtung
eine wichtige Rolle spielen könnten. Dabei handelt es sich um eine spezielle
Gruppe von Nervenzellen, die nach einer Augenbewegung nur dann aktiv werden,
wenn wieder das gleiche Bildmuster auf sie fällt wie vor der Augenbewegung.
Diese Zellen melden, wenn sich im zuständigen Bereich über die Augenbewegung
hinweg nichts geändert hat: Damit funktionieren sie wie „Déjà-vu“-Detektoren.
Dies könnte als wichtiges Signal dafür dienen, dass eine erfolgreiche Korrekturbewegung der Augenposition stattgefunden hat.
Die
Untersuchungen unter der Leitung von Prof. Dr. Tim Gollisch, Professor
für
„Sensory Processing in the Retina“ in der Klinik für Augenheilkunde
und
Forscher im Sonderforschungsbereich 889 „Zelluläre Mechanismen
sensorischer
Verarbeitung“ (Sprecher: Prof. Dr. Tobias Moser) an der UMG,
wurden jetzt im
renommierten Wissenschaftsmagazin
„eLife“
veröffentlicht.
Ergebnisse wichtig für Entwicklung künstlicher Netzhäute
„Die Ergebnisse können zu einem besseren
Verständnis beitragen, wie die
Stabilisierung der Blickrichtung erfolgt und
welchen Einfluss eine Abnahme
der Sehstärke auf die Fähigkeit zur Fixierung
hat“, sagt Prof. Gollisch,
Senior-Autor der Publikation. Langfristig hoffen
die Forscher, diesen
Informationsfluss in visuellen Prothesen nachbauen zu
können, etwa
künstlichen Netzhäuten, wie sie bereits bei gewissen Formen der
Erblindung getestet werden, um einen Teil des Sehvermögens wieder
herzustellen.
Die Forscher haben zudem herausgefunden, auf welche Weise
die besondere Nervenzell-Aktivität der „Déjà-vu“-Detektoren entsteht.
Normalerweise werden diese Nervenzellen nach einer Augenbewegung durch
hemmende Botenstoffe anderer Nervenzellen in ihrer Aktivität unterdrückt.
Wenn jedoch das gleiche Bildmuster nach der Augenbewegung wieder auftritt,
werden genau jene Nervenzellen, die diese hemmenden Signale liefern, selbst
in ihrer Aktivität unterdrückt. Aus dieser doppelten Hemmung entsteht dann
die Aktivierung der Nervenzellen bei einer Bildwiederkehr:
eine „Minus-mal-minus-gibt-plus“-Rechnung – wie bekannt aus guten,
alten Schulzeiten. Die Forscher vermuten, dass die gleichen Mechanismen
zur Erkennung einer Bildwiederkehr auch beim Menschen wirken.
> Originalveröffentlichung
Krishnamoorthy V, Weick M, Gollisch T
(2017). Sensitivity to image recurrence across eye-movement-like image
transitions through local serial inhibition in the retina. eLife 6: e22431,
doi: 10.7554/eLife.22431
Quelle: Universitätsmedizin Göttingen
[1]
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