Knötchen am Augenlid: Harmlos oder Hautkrebs?
Das Basaliom ist oft nur schwer vom Chalazion oder Hordeolum zu unterscheiden. Deshalb wird es häufig nicht erkannt. Es ist jedoch der häufigste bösartige Tumor im Lidbereich und sollte möglichst frühzeitig von einem erfahrenen Lidchirurgen entfernt werden.
Ein kleines Knötchen wächst am Augenlid. Manchmal erscheint es rot und tut weh. Manchmal aber auch nicht. Viele Betroffene denken dabei an eine harmlose Entzündung, die sicher bald wieder vergehen wird.
Wenn es weh tut, könnten die Symptome auf ein Hordeolum hindeuten. Wenn keine Schmerzen auftreten, könnte ein Chalazion vorliegen. In beiden Fällen würde es sich um eine tatsächlich meist harmlose Lidentzündung handeln.
Zum Augenarzt gehen Betroffene meist nur, wenn die kleine Erhebung schmerzt. Bestimmt, so glauben sie, gibt es eine Salbe dagegen. Wesentlich seltener wird der Augenarzt aufgesucht, wenn ein schmerzfreier Knoten auch nach längerer Zeit nicht verschwindet. Oder nur beim Schminken stört.
Doch selbst für Augenärzte ist es manchmal gar nicht einfach, die richtige Diagnose zu stellen. „Denn öfter als man denkt, verbirgt sich hinter so einem scheinbar harmlosen Knötchen ein bösartiger weißer Hautkrebs“, sagt Augenarzt und DOC-Kongresspräsident Dr. Armin Scharrer (Fürth) anlässlich des 35. Internationalen Kongresses der Deutschen Augenchirurgen (DOC) in Nürnberg. „Dieser müsste dann unbedingt operativ entfernt werden.“
Das Basalzellkarzinom oder Basaliom ist der häufigste Hauttumor in Deutschland. Hauptverursacher ist eine intensive Sonnenbestrahlung. Pro Jahr erkranken allein bei uns bis zu 200.000 Menschen neu daran. 80 Prozent aller Basaliome treten im Gesicht, am Kopf oder am Hals auf. Oft auch an den Augenlidern. Dr. Scharrer: „90 Prozent aller bösartigen Lidtumore sind Basalzellkarzinome.“
Die gute Nachricht: Obwohl es sich um einen bösartigen Tumor handelt, bilden Basaliome nur ganz selten Metastasen. „Allerdings“, so Dr. Scharrer, „wachsen Basalzellkarzinome immer schneller in die Umgebung ein und zerstören dort Gewebe. Wenn man nicht operiert, können sogar Auge, Augenhöhle und andere Knochen am Schädel geschädigt werden.“
Deshalb rät Dr. Scharrer allen Betroffenen, immer einen Augenarzt aufzusuchen, wenn sich ein Knötchen oder Pickel am Ober- oder Unterlid nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen zurückbildet: „Denn der Patient selbst kann nicht erkennen, ob eine Lidentzündung oder ein Basaliom vorliegt.“
Der Augenarzt wiederum sollte das Auge mit dem Mikroskop genau untersuchen und in Kombination mit der vorher erhobenen Krankengeschichte eine exakte Diagnose stellen können. Wenn er sich nicht sicher ist, ob nur ein Chalazion oder Hordeolum, sondern möglicherweise ein Tumor vorliegt, sollte er die Patienten zur weiteren Abklärung an einen auf Lidchirurgie spezialisierten Kollegen überweisen, falls er nicht selbst Erfahrung auf diesem Gebiet hat. „Der Spezialist“, so Dr. Scharrer, „wird den Knoten gegebenenfalls so entfernen, dass sich auch im Randbereich keine Tumorzellen mehr befinden. Idealerweise erfolgt die Operation mit dem Skalpell. Das entfernte Gewebe lässt er dann im Labor mikroskopisch auf verdächtige Zellen untersuchen. Denn nur der Pathologe kann eine Verdachtsdiagnose letztendlich bestätigen und gleichzeitig sagen, ob die Geweberänder tatsächlich frei von Krebszellen sind.“
Hat der zuerst untersuchende Augenarzt jedoch schon den Verdacht, dass ein Tumor vorliegen könnte, sind eine Probeentnahme von Gewebe oder eine Biopsie nicht unbedingt nötig, da die kleine Geschwulst dann auf jeden Fall entfernt werden sollte.
Einzeitiges vs. mehrzeitiges Operieren
In der Praxis kommt es vor, dass Augenärzte einen Knoten bei Tumorverdacht ambulant entfernen. Sie vernähen danach die Wunde und schicken das Gewebe zur Kontrolle an ein Labor. „Falls sich dort bei der mikroskopischen Untersuchung jedoch herausstellen sollte, dass sich im Rand des entfernten Gewebes immer noch Tumorzellen befinden, müsste nachoperiert werden“, erklärt Dr. Scharrer. „Sonst könnte der Krebs erneut wachsen und sich ausbreiten.“ Dieser meist ambulant durchgeführte Eingriff wird als „einzeitiges Operieren“ bezeichnet.
Deshalb ist es in der Regel besser, solche Eingriffe stationär durchzuführen. Nachdem der Augenarzt die Geschwulst entnommen hat, verschließt er die Wunde nicht, sondern deckt sie lediglich mit einem Verband steril ab. Die feingewebliche Untersuchung im Labor zeigt dann, ob noch nachgeschnitten werden muss oder ob das Basaliom mit einem genügend großen Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe entnommen wurde. Erst dann rekonstruiert der Arzt das Augenlid und verschließt die Wunde. Diese OP-Technik nennen Fachleute „mehrzeitiges Operieren“. Dazu müssen die Patienten nur wenige Tage in der Augenklinik bleiben. „Es ist die sicherste Methode mit einer sehr geringen Rückfallrate“, gibt Dr. Scharrer zu bedenken. Denn im Gegensatz dazu besteht beim einzeitigen Operieren je nach Erfahrung des Augenchirurgen eine deutlich höhere Rezidivrate.
Anspruchsvolle mikrochirurgische Eingriffe
Auch die Rekonstruktion der Augenlider nach einer Tumorentfernung ist ein Fall für Spezialisten. „Denn nicht selten bleiben nach der Tumorentfernung größere Defekte übrig. Bei ihrem Verschluss müssen sowohl die Funktion der Augenlider als auch der Lidkante wiederhergestellt werden. Das sind anspruchsvolle mikrochirurgische Eingriffe, die erfahrenen Operateuren vorbehalten sein sollten.“
Operiertes Basaliom am rechten Unterlid. Nach mehreren Rezidiven transplantierte Dr. Sebastian Ober Gewebe aus dem Oberlid auf das Unterlid. Bild: © DOC/Dr. Scharrer
Nicht selten ist es zum Beispiel nötig, Gewebe aus dem Oberlid zu entnehmen und auf einen Defekt im Unterlid zu transplantieren. Um dort eine Einheilung zu ermöglichen, muss der Lidchirurg eine Gewebebrücke mit Blutgefäßen mitverpflanzen, die das Transplantat versorgen. Nach etwa vier Wochen kann diese Gewebebrücke wieder entfernt werden.
Die dazu nötige Narkose wählt der Arzt so schonend wie möglich. Wo immer es geht, erfolgt eine örtliche Betäubung. Das gilt für die Entfernung als auch für die Rekonstruktion. Bei größeren Rekonstruktionen kann allerdings eine Vollnarkose durchaus die Methode der Wahl sein.
Nur wenn eine Operation aus irgendeinem Grund nicht möglich sein sollte, kann der Tumor auch mit einer Bestrahlung, Vereisung oder einer medikamentösen Therapie, sei es lokal, topisch oder systemisch, behandelt werden. Allerdings kann in diesen Fällen das entfernte Gewebe nicht untersucht werden, ob der Rand frei von Krebszellen ist. Deshalb liegt hier die Wahrscheinlichkeit, dass das Basaliom erneut nachwächst, höher als bei der chirurgischen Entfernung.
Quelle: DOC