Optogenetik: Erfolgreicher Schritt in Richtung Sehprothese
Eine Forschungsgruppe der Universität Freiburg in der Schweiz, aus China und den USA hat eine Entdeckung gemacht, die als Grundlage für eine neue Generation von Sehprothesen dienen könnte. Bei Spitzhörnchen wies sie nach, dass diese auch ohne Stimulation der Netzhaut „sehen" können. Die Nervenzellen dieser Säugetiere wurden dabei durch Beleuchtung aktiviert und damit im Gehirn visuelle Wahrnehmungen erzeugt.
Erregungen im Sehsystem entstehen normalerweise durch Aktivierung der Netzhaut des Auges. Der interdisziplinären Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Gregor Rainer der Universität Freiburg gelang es jetzt, durch Aktivierung geeigneter Nervenzellen solche Erregungen auch technisch zu erzeugen, ohne dass visuelle Informationen überhaupt das Auge erreichen. Dank der Methode der Optogenetik, bei der Kanalproteine in Nervenzellen des Gehirns eingebaut werden, konnten diese Nervenzellen durch Beleuchtung erregt werden.
Wenn das Gehirn auch ohne Augen sehen kann
Prinzipiell erlaubt diese Methode, auch bei Verlust der Augen Informationen in das Sehsystem einzuspeisen, welche vom Gehirn dann als Sehen interpretiert werden. Die vorliegenden Ergebnisse könnten also die Grundlage für eine nächste Generation von Sehprothesen darstellen. Bevor dies Realität wird, ist weitere gezielte Forschungsarbeit notwendig. Momentan erhältliche Sehprothesen intervenieren im Auge. Sie können zwar bei bestimmten Augenerkrankungen etwas Abhilfe schaffen, haben aber bisher keinen Durchbruch erreichen können.
Die vorliegenden Arbeiten beziehen sich nicht auf das Auge, sondern auf den visuellen Thalamus. Hier stellt der Nucleus geniculatus lateralis ein retinotopisches Relaiszentrum dar, in dem visuelle Signale von der Netzhaut verarbeitet und an den visuellen Kortex weitergeleitet werden. Er wurde als potenzielles Ziel für künstliches Sehen vorgeschlagen.
Weitere Grundlagenforschung ist nun notwendig, um mit technisch hervorgerufenen Wahrnehmungen im Sehsystem möglichst nahe an das natürliche Sehen heranzukommen.
Tiermodell als Basis für neue Erkenntnisse
Spitzhörnchen stellen eine eigene Ordnung der Säugetiere dar. Zwar ähneln sie Hörnchen und wurden historisch auch als nahe Verwandte der Spitzmäuse betrachtet, stehen aber tatsächlich den Primaten nahe.
Sie sind aufgrund ihres ausgeprägten Sehsystems und dessen Ähnlichkeit zum Menschen für diese Studien sehr gut geeignet. Die hohen Standards für Tierversuche in der Schweiz stellen sicher, dass diese Studien unter bestmöglichen Bedingungen für die Versuchstiere durchgeführt werden.
Quelle: Universität Freiburg (Schweiz)
Originalarbeit: Optogenetic activation of visual thalamus generates artificial visual percepts, Neuroscience