Akanthamöben-Keratitis: Vielversprechender Arzneimittelkandidat
Ein Arzneimittel-Kandidat, der auf Forschungen am University College London (UCL) und am Moorfields Eye Hospital basiert, hat sich – so eine neue internationale klinischen Studie – als äußerst wirksam bei der Behandlung dieser schwerwiegenden Augeninfektion erwiesen.
Die Studie beschreibt die Wirksamkeit und Sicherheit von Polihexanid (PHMB) in einer 0,08 %igen Konzentration. Akantior® ist der erste Arzneimittelkandidat für die Behandlung von Akanthamöben-Keratitis (AK) unter Anwendung eines neuen evidenzbasierten Behandlungsprotokolls. Die Studie wurden jetzt in der Fachzeitschrift Ophthalmology veröffentlicht.
AK ist relativ selten und betrifft etwa einen von 37.000 Kontaktlinsenträgern pro Jahr im Vereinigten Königreich. Allerdings ist die Erkrankung für etwa die Hälfte der Fälle von Erblindungen in dieser Gruppe verantwortlich. Kontaktlinsenträger haben ein erhöhtes Risiko für diese Infektionskrankheit. Ein Team von UCL und Moorfields fand kürzlich heraus, dass Menschen, die wiederverwendbare Kontaktlinsen tragen, ein fast viermal höheres Erkrankungsrisiko haben als die Träger von Tageslinsen. Auch das Duschen mit eingesetzten Linsen und das Tragen der Linsen über Nacht erhöhen das Risiko jeweils um mehr als das Dreifache.*
PHMB wurde bereits in den 1990er Jahren zur Behandlung von AK eingesetzt – von einem Forscherteam, das vom Hauptautor der aktuellen Studie, Prof. John Dart, geleitet wurde. Damals allerdings in einer wesentlich niedrigeren Dosierung von 0,02 %. Heute wird PHMB 0.02% zwar allgemein zur Behandlung von AK empfohlen, ist aber kein zugelassenes Medikament. Dabei sind die Behandlungsergebnisse durchaus unterschiedlich.
Prof. John Dart (UCL Institute of Ophthalmology und Moorfields Eye Hospital NHS Foundation Trust) erklärt: „PHMB 0,02 % ist eine wirksame, weithin empfohlene, aber nicht zugelassene Therapie. Viele Kliniker haben Schwierigkeiten, sie zu erhalten. Fehler in der Formulierung können manchmal zu schlechten Ergebnissen führen, und das Fehlen eines bewährten Behandlungsprotokolls hat zu großen Unterschieden bei der Anwendung des Medikaments und den Behandlungsergebnissen geführt. Wir hoffen, dass unsere neuen, soliden Ergebnisse mit Polihexanid in einer 0,08%igen Lösung die Behandlung der Akanthamöben-Keratitis verändern werden, indem sie den Zugang zu dem Medikament erleichtern und zugleich die Konsistenz der Behandlung verbessern werden.“
Die randomisierte, kontrollierte klinische Phase-3-Doppelblindstudie folgte auf eine Phase-1-Studie an gesunden Freiwilligen, die zeigte, dass eine deutlich höhere Konzentration (0,08 %) von PHMB sicher in der Anwendung war. Die Phase-3-Studie wurde in Übereinstimmung mit den wissenschaftlichen Empfehlungen der Europäischen Arzneimittelagentur durchgeführt und verglich die Wirksamkeit und Sicherheit einer hohen Konzentration von PHMB (0,08 %) als Monotherapie mit einer weit verbreiteten dualen Therapie, bei der eine niedrigere Dosis von PHMB (0,02 %) mit Propamidin kombiniert wird. Alle Studien wurden von dem italienischen Pharmaunternehmen SIFI gesponsert und finanziert und teilweise von der Europäischen Kommission co-finanziert.
Acanthamoeba polyphaga. Janice Haney Carr, Catherine Armbruster; Margaret Williams, USCDCP / PIXNIO
Im Rahmen der Studie wurden 127 Personen untersucht, die in sechs Krankenhäusern in England, Italien und Polen wegen AK behandelt wurden.
Die Forscher stellten fest, dass beide Formulierungen bei Anwendung des detaillierten Verabreichungsprotokolls hochwirksam waren, mit Heilungsraten von 110/127 (87 %) insgesamt und für jede Behandlung einzeln, d. h. 87 % der Patienten wurden von AK geheilt, ohne dass ein chirurgischer Eingriff erforderlich war, eine der höchsten jemals für AK berichteten Raten. Die Rate der Therapieversager betrug 17/127 (13,4 %). Von Ihnen benötigte fast die Hälfte eine therapeutische Hornhauttransplantation. Die Gesamttransplantationsrate von 8/127 (6,3 %) ist eine der niedrigsten, die jemals in einer Fallserie von AK dokumentiert wurde.
Den Forschern zufolge war die weithin empfohlene duale Therapie in dieser Studie wirksamer als üblich, da die Kliniker sich streng an ein festgelegtes Behandlungsprotokoll hielten. Darüber hinaus hat die neue Monotherapie aber Vorteile gegenüber der dualen Therapie, da die einfachere Anwendung das Risiko von Fehlern in der Praxis verringert.
Dr. Vincenzo Papa (Leiter der wissenschaftlichen Abteilung des SIFI) und Mitautor der Studie sagte: „Diese Veröffentlichung in Ophthalmology, der führenden Fachzeitschrift auf unserem Gebiet, bestärkt uns in unseren Bemühungen, Polihexanid 0,08% (Akantior®) als erste zugelassene Orphan Drug für AK-Patienten verfügbar zu machen. Angesichts der extremen Belastung durch die Erkrankung sind wir stolz auf die guten Wirksamkeitsergebnisse in dem robusten Umfeld, das die Studie geschaffen hat – insbesondere im Vergleich zu den Wirksamkeitsergebnisse von 60 %, die für die derzeit beste Behandlung berichtet wurden.“
Auf der Grundlage der präklinischen und klinischen Daten, die in 15 Jahren Forschung gewonnen wurden, strebt SIFI nun die Zulassung von Polihexanid 0,08% (Akantior®) in Europa, Großbritannien und den USA an.
Quelle: UCL
Weitere Informationen:
* UCL News, 2022: Reusable contact lenses more than triple risk of rare preventable eye infection
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