Vorsicht beim Silvesterfeuerwerk: DOG erwartet wieder Hunderte schwerer Augenverletzungen
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. (DOG) warnt vor schweren Augenverletzungen durch Silvesterfeuerwerk und rät zur Vorsicht im Umgang mit Pyrotechnik. „Auch dieses Jahr erwarten wir leider wieder Hunderte von tragischen Unfällen, die häufig Unbeteiligte und Kinder treffen“, sagt DOG-Generalsekretär Professor Dr. med. Claus Cursiefen.
Die Fachgesellschaft empfiehlt, im Außenbereich Schutzbrillen zu tragen und Familien mit Kindern, im Haus zu bleiben. Am vergangenen Jahreswechsel 2022 hatte es einen Höchststand an feuerwerksbedingten Augenverletzungen gegeben.
Seit 2016/2017 führt die DOG alljährlich zu Silvester eine Umfrage an notdienstleistenden deutschen Augenkliniken durch, um die Zahl der Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper zu ermitteln. Wie die Umfrage zum Jahreswechsel 2022/2023 zeigt, mussten die Kliniken in den fünf Tagen um Silvester 838 Personen mit Augenverletzungen behandeln. „Das ist die höchste je von uns erfasste Zahl und ein Anstieg um rund 300 Patientinnen und Patienten im Vergleich zu den Jahren vor der Corona-Pandemie“, berichtet Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer, Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Insgesamt 198 Personen wurden stationär versorgt.
Wie in den Vorjahren auch, handelte es sich bei rund 60 Prozent der Betroffenen um Unbeteiligte, die das Feuerwerk gar nicht selbst zündeten. „Besonders besorgniserregend ist außerdem mit 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten“, so Gabel-Pfisterer, die auch Autorin der Studie zur Umfrage ist. Sogar ein neun Tage altes Neugeborenes erlitt Verbrennungen an Augen und im Gesicht. „Insgesamt sind in allen Jahren der Studie mehr Kinder unter 12 Jahren als Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren verletzt worden – und das, obwohl die jüngeren Kinder keinen Zugang zu Feuerwerksartikel haben sollten, die mehr Sprengkraft besitzen als Wunderkerzen“, berichtet die DOG-Expertin. Kinder verletzen sich des Öfteren am Neujahrstag an liegengebliebenen Böllern.
Treffen kann es prinzipiell jeden, der sich außerhalb geschützter Räume befindet. „Wir mussten einen Patienten behandeln, der auf der Terrasse stand, als ihn unvermittelt ein Sprengkörper traf“, berichtet Gabel-Pfisterer. Das verletzte Auge musste nach mehrfachen Operationen schließlich wegen unerträglicher Schmerzen und eingetretener Erblindung entfernt werden. „Die Fernwirkung beim Feuerwerk ist ein großes Problem“, betont Professor Dr. med. Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg und ebenfalls Autor der Studie. Sie mache auch die Rückverfolgung des Verletzers oft unmöglich. „Das ist für die Opfer ungemein schwierig“, so Agostini. „Sie können kaum auf finanzielle Kompensation in einem juristischen Verfahren hoffen und stehen mit allen Problemen allein da.“
Wie die Umfrage-Ergebnisse der „Arbeitsgruppe Sicheres Feuerwerk“ der DOG im Rückblick zeigen, erlitten in den Jahren ohne Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper konstant jeweils etwa 500 Personen Augenverletzungen zu Silvester. Das änderte sich in den Pandemiejahren: Die Gesamtzahl der Augenverletzungen sank in 2020/2021 um 86 Prozent und in 2021/2022 um 61 Prozent. „Verkaufsverbot und Versammlungsbeschränkungen haben sich als effektive Maßnahmen erwiesen, die Augenverletzungen zu reduzieren“, berichtet Agostini. Dieses Jahr ist Feuerwerk wieder freigegeben, der Vorverkauf startet am 28. Dezember 2023.
Die DOG erwartet nun erneut eine hohe Anzahl von Verletzten und ruft zur Vorsicht im Umgang mit Feuerwerk auf. „Familien mit Kindern bleiben am besten im Haus“, rät Gabel-Pfisterer. „Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte eine geschlossene Schutzbrille etwa aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren.“ Darüber hinaus setzt sich die Fachgesellschaft für kommunal ausgerichtete, öffentliche Feuerwerksshows ein. „Das sicherste Feuerwerk ist das professionelle“, betont DOG-Generalsekretär Cursiefen.