Uveitis intermedia: Ursachen, Diagnostik und Therapie
Die Uveitis intermedia ist eine Entzündung, die in erster Linie den Glaskörper betrifft, häufig mit assoziierter retinaler Vaskulitis. Sie tritt tendenziell bei jüngeren Patienten auf, kommt aber bis ins hohe Alter vor. Ein aktueller Überblick, verfasst von: Michael Sommer, MD, Christoph Singer, MD, Peter Werkel, MD, Gerald Seidel, MD PD.
Etwa 20 % der Uveitisfälle in Tertiärzentren sind intermediäre Uveitiden. Die häufigsten assoziierten Erkrankungen sind multiple Sklerose (11 %) und Sarkoidose (8 %). In 60 % der Fälle ist die Entzündung idiopathisch, und nur 1 % sind infektiös. Die Behandlung besteht aus Steroiden (systemisch, parabulbär, intravitreal) als Ersttherapie, aber wegen der häufig hartnäckigen Entzündung sind oft steroidsparende Medikamente im Sinne einer Immunsuppression nötig. Trotz des oft chronischen Verlaufs ist die Prognose einer Uveitis intermedia relativ gut.
Die Uveitis intermedia ist eine Entzündung die hauptsächlich den Glaskörper betrifft; häufig tritt eine Begleitvaskulitis der retinalen Gefäße auf. Eine Choroiditis oder Retinitis muss per definitionem fehlen. Eine Unterform ist die Pars planitis, eine idiopathische Uveitis intermedia, welche sich mit oft ausgeprägten Entzündungsinfiltraten in Form von „snowballs“ oder auch „snowbanks“ präsentiert [1].
Im Vergleich zu anderen Uveitisformen betrifft eine Uveitis intermedia etwas häufiger Kinder und Jugendliche (8–41,7 % pädiatrischer Uveitiden) als andere Uveitisformen, sie kann aber bis ins hohe Alter auftreten [2]. Insgesamt haben etwa 20 % der Uveitispatienten eine Uveitis intermedia.
Ursachen
Die Uveitis intermedia tritt in den meisten Fällen idiopathisch auf (bis zu über 60 %), kann aber auch mit infektiösen und nichtinfektiösen Erkrankungen assoziiert sein. Hierbei zählen die multiple Sklerose (ca. 11 %) und die Sarkoidose (ca. 8 %) zu den häufigsten Auslösern. Lediglich 1 % der Fälle werden Infektionserkrankungen zugeschrieben, darunter sind Tuberkulose und Lues die häufigsten. Differenzialdiagnostisch kommen auch seltenere Erkrankungen wie das Fuchs-Uveitis-Syndrom (überwiegend einseitig, 60–80 % Glaskörperbeteiligung) und das Uveitis-Maskeradesyndrom beim primär vitreoretinalen Lymphom infrage [3].
Idiopathisch/Pars planitis
Die Pars planitis ist definiert als Uveitis intermedia mit typischen Veränderungen des Glaskörpers und der peripheren Netzhaut wie gelb-weißlichen Aggregationen von Entzündungsmaterial im Glaskörper („snowballs“), schneeweißen Exsudaten an der Pars plana („snowbanks“) sowie einer retinalen Vaskulitis ohne bekannte Ursache oder assoziierte systemische Erkrankung. Üblicherweise tritt die Pars planitis bilateral, teils asymmetrisch auf und betrifft am häufigsten Kinder und junge Erwachsene [4]. Die Symptome können nur gering ausgeprägt sein und „floater“ sowie Verschwommensehen beinhalten. In schweren Fällen kann es unter anderem durch die Aggregation von Glaskörperinfiltraten oder die Ausbildung eines Makulaödems zu einer ausgeprägten Sehverschlechterung kommen. Fundoskopisch zeigen sich neben einer Vitritis mit Glaskörperzellen „snowballs“, auch klassischerweise „snowbanks“ betont inferior, diese können jedoch auch zirkulär auftreten. „Snowbanks“ sind hierbei tendenziell mit schwereren Verläufen assoziiert. Die peripheren Venen können Einscheidungen zeigen. Der Entzündungsreiz im vorderen Augenabschnitt kann gering ausgeprägt sein oder fehlen [5]. Zu den Komplikationen zählen neben Katarakt, Makulaödem und epiretinaler Gliose auch Neovaskularisationen, Glaskörperblutungen bis hin zur Netzhautablösung (traktiv oder exsudativ) [6].
Multiple Sklerose
Die multiple Sklerose (MS) ist eine neurologische Erkrankung, die mit demyelinisierenden Läsionen im Gehirn oder dem Rückenmark einhergehen kann und üblicherweise junge Erwachsene betrifft. Obwohl die häufigste okuläre Beteiligung bei MS die Optikusneuritis bei bis zu 70 % der Betroffenen ist, besteht auch eine Assoziation mit einer Uveitis intermedia. In Studien zeigt sich die Prävalenz sehr variabel und wird zwischen 2,3–33 % bei MS angegeben. Zudem besteht ein 30- bis 100-fach erhöhtes Risiko für die Entstehung einer MS bei Personen mit Uveitis intermedia im Vergleich zur Normalbevölkerung [7]. Da retinale Neurone nicht myelinisiert sind, ist die Demyelinisierung vermutlich keine Ursache der intraokulären Entzündung. Jedoch wird autoreaktiven T‑Zellen eine kausale Wirkung in der Entstehung beider Erkrankungen zugeschrieben [8]. Eine Beteiligung der peripheren Netzhautgefäße im Rahmen der Entzündung ist neben der Pars planitis besonders bei der MS-assoziierter Uveitis intermedia charakteristisch. Diese kann asymptomatisch sein und ist am besten mit einer Weitwinkelangiographie darzustellen. Hier zeigen sich venöse Leckagen, „staining“ und/oder vaskuläre Okklusionen [9]. Eine Uveitis intermedia kann jahrelang asymptomatisch sein. Sollten Symptome auftreten, sind diese üblicherweise „floater“, Verschwommensehen, Schmerzen und Photophobie. Diese Symptome ähneln zwar denen einer Optikusneuritis, gehen jedoch nicht mit einem relativen afferenten Pupillardefekt einher (ausgenommen bei chronischen Schädigungen oder dem selten auftretenden Papillenödem bei dieser Form der Uveitis intermedia) und sind in der Regel nicht selbstlimitierend ohne Behandlung [8].
Eine wesentliche Frage in der diagnostischen Abklärung einer Uveitis intermedia ist die Durchführung einer Magnetresonanztomographie bei Betroffenen, insbesondere bei Fehlen von neurologischen Symptomen. Da bis zu einem Drittel der Bevölkerung im Laufe des Lebens asymptomatische demyelinisierende Läsionen entwickeln („radiologically isolated syndrome“, RAI) und aktuell keine Behandlungsindikation bei beschwerdefreien Personen mit demyelinisierenden Läsionen besteht, wird u. a. in einer rezenten Arbeit von Petrushkin et al. von einer routinemäßigen neurologischen Bildgebung bei fehlenden neurologischen Symptomen bei Personen mit Uveitis intermedia abgeraten. Sollten neurologische Symptome bestehen, wird die Überweisung an einen Neurologen angeraten. Im Verdachtsfall sollte jedoch eine MRT im Rahmen eines Screenings vor Beginn mit Tumornekrosefaktor-alpha-Therapie (TNFi) routinemäßig durchgeführt werden [10].
Sarkoidose
Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Multisystemerkrankung mit variabler Präsentation und Verlauf. Unspezifische Beschwerden, teils asymptomatische Verläufe und das Fehlen von spezifischen Labortests erschweren die Diagnosestellung und können diese verzögern. Die Diagnose wird gestützt von granulomatösen Läsionen in betroffenen Organen kombiniert mit einem erhöhten Angiotensin-Converting-Enzym (ACE), welches jedoch nur bei etwa 60 % der Erkrankten erhöht ist [11]. Die Erkrankung betrifft überwiegend die Lunge, thorakale Lymphknoten, die Haut sowie die Augen. Die okuläre Beteiligung ist variabel und kann potenziell jede okuläre Struktur betreffen. Bei okulären Manifestationen mit einer Uveitis intermedia als Schwerpunkt zeigt sich in der Spaltlampenuntersuchung ein eher ruhiger Vorderabschnitt, ggf. mit granulomatösen Entzündungszeichen (Hornhautbeschläge, Irisknötchen) mit einer oft deutlichen zellulären Infiltration des Glaskörpers mit „snowballs“, selten „snowbanks“. Auch ist bei dieser Form eine eher leichtgradige peripher betonte Periphlebitis sowie eine venöse Hyperämie der Netzhautgefäße zu beobachten. Diese lässt sich am besten in der Fluoreszenzangiographie darstellen und kann als Indikator für das Ansprechen auf die Behandlung herangezogen werden. Choroidale Herde müssen hierbei nicht zusätzlich vorliegen, sind jedoch oftmals bei akuten Exazerbationen (besonders gut in der Indocyaningrün-Angiographie) nachzuweisen. Diese fundoskopisch gelblichen Aderhautläsionen sind etwa 500 µm groß und überwiegend in der unteren Hemisphäre zu finden. Zu beachten gilt, dass Glaskörperinfiltrationen in Zusammenhang mit peripherer multifokaler Choroiditis in etwa der Hälfte der Fälle mit Sarkoidose assoziiert sind. Eine Uveitis intermedia bei Sarkoidose kann schwerer als die idiopathische Form verlaufen [12, 13].
Diagnostik
Klinische Untersuchung
Bei Erstvorstellung einer Uveitis intermedia ist eine vollständige Spaltlampenuntersuchung beider Augen in Miosis und Mydriasis sowie Augendruckmessung unerlässlich. Entsprechend dem Standardisation-of-Uveitis-Nomenclature(SUN)-Konsensus sollte für eine Klassifikation als Uveitis intermedia der Fokus der Entzündung im Glaskörperraum liegen, was aber Veränderungen des vorderen Augenabschnitts und der Netzhaut nicht ausschließt [14]. Bei der Untersuchung des vorderen Augenabschnitts ist besonders auf Beschläge der Hornhauthinterwand, Vorderkammerzellen, „flare“ und Veränderungen der Iris (Synechien, Knötchen, Transilluminationen) zu achten. Die Dokumentation des Vorderkammerreizzustands erfolgt entsprechend der SUN-Klassifikation zum Zweck möglichst vergleichbarer Ergebnisse bei wiederholter Untersuchung und verschiedenen Untersuchern [14]. Eine Beurteilung des Linsenstatus (bereits vorhandene Trübung, Pseudophakie) ist einerseits für die richtige Einschätzung der Glaskörpertrübung („vitreous haze“), andererseits für die Therapieentscheidung zum Einsatz von Steroiden wichtig.
Für eine ausreichend genaue Untersuchung des Glaskörpers ist die Biomikroskopie in Mydriasis unumgänglich. Primär sollte auf Zellen im Glaskörperraum geachtet und die Glaskörpertrübung („vitreous haze“) dokumentiert werden. Dazu wurden im Laufe der Jahre mehrere Klassifikationen publiziert, eine gängige stellen weiterhin die Standardfotografien des National Eye Institute mit zunehmenden Trübungsstufen von 0–4+ dar, wobei die Bezeichnung Trace laut SUN-Konsensus durch 0,5+ ersetzt wurde. 0 Haze ist ein klarer Einblick auf die Netzhaut, 4+ Haze macht eine Sicht auf Papille und Netzhaut unmöglich. 0,5+ Haze zeigt eine gute Sicht auf die Netzhaut mit Fehlen des Glitzerns der Nervenfasern und einem etwas verschwommenen Sehnervenkopf. Bei 3+ Haze sieht man den Sehnervenkopf schemenhaft. Bei 2+ Haze ist die Visualisierung der Netzhautgefäße schon besser möglich als bei 3+. Bei 1+ Haze sind die Netzhautgefäße und der Sehnervenkopf schon relativ gut definiert.
Zur Einteilung von Glaskörperzellen gibt es keinen SUN-Konsens, eine Möglichkeit ist die Graduierung der Zellzahl analog zur Vorderkammer mit einem Spaltlampenstrahl von 1 × 0,5 mm [15].
Weitere klassische Befunde der Uveitis intermedia sind „snowballs“, runde, weißliche Ansammlungen von Entzündungszellen und Exsudat im Glaskörper sowie „snowbanks“ – grau-weiße Gewebsformationen, die weit anterior liegen und oft nur mittels Dreiwinkelglas oder Skleraindentation darstellbar sind [4].
In der Fundoskopie ist auf häufige Komplikationen wie epiretinale Membranen, ein zystoides Makulaödem, Papillenschwellung oder Zeichen einer retinalen Vaskulitis wie Gefäßeinscheidungen, Gefäßabbrüche und Blutungen zu achten. Moderne apparative Diagnostik erleichtern das Erkennen und die Verlaufsbeurteilung gerade dieser Befunde. Die Abb. 1 zeigt typische Fundusveränderungen bei einer Uveitis intermedia.
Typische Fundusveränderungen bei Uveitis intermedia. a Auf dem rechten Auge einer jungen Patientin besteht eine deutliche Begleitphlebitis in allen Quadranten (Pfeilköpfe). b Am linken Auge eines anderen Patienten sind typische „snowballs“ zu sehen (Pfeile). Beide Augen haben einen zentralen Haze und einer hyperämische Papille.
OCT
Mit modernen OCT-Geräten steht inzwischen eine nichtinvasive Methode zur detaillierten Darstellung von Komplikationen einer Uveitis intermedia wie Ödemen der Makula und des Sehnervenkopfs sowie epiretinalen Membranen zur Verfügung. Die praktisch beliebige Wiederholbarkeit der Untersuchung ermöglicht ein einfaches Monitoring des Therapieansprechens [4]. Im Verlauf ist es vorteilhaft, bereits bei der Erstuntersuchung Aufnahmen des Sehnervs und der Makula inklusive „enhanced depth imaging“ zur Darstellung Aderhaut angelegt zu haben.
Die OCT-Angiographie zeigte in Studien bei Uveitis intermedia eine unspezifische verminderte Gefäßdichte in oberflächlichen und tiefen Netzhautschichten und eine veränderte Perfusion der Choriocapillaris [16]. Welcher Wert der Untersuchung in der klinischen Routine zukommt, ist jedoch noch nicht klar.
Angiographie
Die Fluoreszein- und Indozyaningrün-Angiographie hilft, das Ausmaß einer häufigen Begleitvaskulitis und mögliche Hinweise auf eine assoziierte Erkrankung (z. B. Aderhautgranulome bei Sarkoidose) darzustellen. Veränderungen können sehr leichtgradig und primär an peripheren Gefäßen auftreten und sind teilweise nur in Weitwinkelaufnahmen sichtbar [4, 17]. Gerade bei sehr peripheren Hyperfluoreszenzen ist die Unterscheidung von entzündungsbedingter Leckage und aufnahmebedingen Artefakten häufig schwierig.
Echographie
Bei schwierigem Einblick, beispielweise durch eine enge Pupille, Katarakt und dichten Glaskörpertrübungen, ist die Echographie hilfreich, besonders auch zum Ausschluss abgehobener Netzhaut oder auch der Darstellung von „snowbanks“ und Ziliarkörperveränderungen mittels Ultraschall-Biomikroskopie [4].
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik bei Uveitiden generell verfolgt zwei Hauptziele: erstens den Ausschluss einer infektiösen Genese und zweitens den Ausschluss einer relevanten systemischen Grunderkrankung.
In der akuten Abklärung besonders wichtig sind globalen Entzündungsmarker im Blutbild respektive CRP, um gegebenenfalls systemisch schwer kranke Patienten, zum Beispiel mit endogener Endophthalmitis, zu erkennen. Eine besondere Rolle kommt auch dem Ausschluss einer Syphilis zu, da diese als „Chamäleon“ eine Vielzahl (entzündlicher) Krankheitsbilder am Auge verursachen kann.
Die empfohlene Blutabnahmen bei Uveitis intermedia laut BVA-Leitlinien umfassen [18]:
- Blutbild mit Differenzialblutbild
- CRP und/oder BSG
- Kreatinin, Elektrolyte, ASAT, ALAT
- ACE und/oder löslicher Interleukin-2-Rezeptor (sIL 2), besonders bei Sarkoidoseverdacht
- Luesserologie (TPHA, TPPA), ggf. VDRL
Fakultativ zusätzliche Diagnostik
- Tuberkulosetest (z. B. QuantiFERON, Thoraxröntgenaufnahme): bei granulomatösem Aspekt, suggestiver Vorgeschichte bzw. geplanter TNF-alpha-Inhibitor-Therapie.
- Borreliensuchtest: bei Zeckenbiss mit Erythema migrans, neurologischer Symptomatik, Arthritis; Screening bei hoher Seroprävalenz in Endemiegebieten nicht sinnvoll [19].
- MRT des Schädels: zum Ausschluss demyelinisierender Läsionen besonders bei jungen Patientinnen und Patienten mit Uveitis intermedia, Begleitvaskulitis und neurologischen Beschwerden.
Darüber hinaus sollte bei Verdacht auf eine Pilzendophthalmitis eine Pilzkultur und ein 1,3-Beta-D-Glukan Test (breiteres Spektrum und früheres Ansprechen als Galaktomannan) abgenommen werden [20]. Bei Verdacht auf ein Lymphom ist eine diagnostische Vitrektomie unabdingbar.
Therapie
Die Therapie einer infektiösen Uveitis intermedia richtet sich nach dem ursächlichen Keim, bei therapiebedürftigen nichtinfektiösen Fällen sind Steroide in der Regel die Primärtherapie, und eine gegebenenfalls folgende Immunsuppression richtet sich nach dem Schweregrad der Entzündung und den Bedürfnissen der Patient*innen (Komorbidität, Kinderwunsch, Compliance).
Therapie versus Observanz
Das Therapieziel bei einer Uveitis intermedia ist, eventuell vorhandene visuelle Einschränkungen zu verbessern und strukturelle Schäden zu vermeiden. Ist das Sehen uneingeschränkt und die Aktivität in der Angiographie nur peripher und gering, wird auch bei einer signifikanten Anzahl an Glaskörperzellen meist von einer initialen Therapie abgesehen und der Patient observiert. In Grenzfällen ist ein offenes Miteinbeziehen des Patienten hilfreich. Die Einstellung dieser zu ihrer Erkrankung und der Therapiemöglichkeiten sind wichtige Entscheidungsfaktoren in der Therapieindikation.
Die Leitlinie Nr. 24a Uveitis intermedia der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) bietet ein Stufenschema, falls eine Behandlung initiiert wird ([21]; Abb. 2).
Adaptierte Flowchart zur Behandlung einer Uveitis intermedia nach der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft [21]. Neben systemischen Steroiden sind parabulbäre Injektionen ebenfalls möglich; in Bezug auf „disease modifying drugs“ (DMARD) ist nur Ciclosporin A zugelassen, jedoch werden in der klinischen Praxis je nach Bedarf häufig andere Medikamente „off label“ verwendet.
Systemische Therapie
Kortikosteroide
Eine Remission wird meist mit oraler Gabe von 1 mg/kg Körpergewicht Prednisolon erzielt. Bei sehr schweren Fällen kann ggf. auch eine intravenöse Therapie Methylprednisolon indiziert sein. Nach der Remissionsinduktion folgt eine 6‑ bis 12-wöchige Phase der langsamen Reduktion bis zum Absetzen bzw. unter die Cushing-Schwelle von 7,5 mg. Aufgrund des in über 90 % chronischen Verlaufs ist bei der Pars planitis im Zuge der Reduktion meist mit einem Rezidiv zu rechnen. Ein eine additive prophylaktische Gabe von Protonenpumpeninhibitoren und Vitamin D ist besonders bei längerer Therapie empfehlenswert. Eine Aufklärung über die auch bei kurzer Therapie möglichen Nebenwirkungen, wie unter anderem Gewichtszunahme, Blutdruck- und Blutzuckeranstieg, Schlafstörungen sowie psychische Veränderung bis hin zu kortisoninduzierten Psychosen ist obligatorisch durchzuführen.
DMARD
Je länger eine systemische Kortikosteroidtherapie oberhalb der Cushing-Schwelle angewendet wird, umso wahrscheinlich sind Nebenwirkungen. Um diese zu vermeiden, ist bei einem chronischen Verlauf der frühzeitige Wechsel auf „disease modifying antirheumatic drugs“ (DMARD) Grundbaustein der Therapie. Cyclosporin A (z. B. Sandimmun®) gehört zur Gruppe der T‑Zell-Inhibitoren und ist als einziges DMARD „on label“ für die Behandlung der Uveitis intermedia. Die Dosierung beträgt je nach Aktivität und Verträglichkeit zwischen 3 und 7 mg/kg Körpergewicht [21].
Obwohl die Antimetaboliten Methotrexat (MTX; z. B. Ebetrexat®) und Mycophenolat-Mofetil (MMF; z. B. Cellcept®) in Österreich „off label“ bei der Behandlung der Uveitis intermedia sind, werden sie in vielen Zentren Europas häufiger verwendet als Cyclosporin A.
Im "First-line Antimetabolites as Steroid-sparing Treatment (FAST) uveitis trial" [22] wurde die Nichtunterlegenheit im Therapieerfolg bei nichtinfektiöser Uveitis von MTX im Vergleich zu MMF nach 6 Monaten betrachtet. Der Therapieerfolg bei maximaler Dosierung lag für MTX bei 66,7 % und für MMF bei 57,1 %.
In einer Untergruppenanalyse der Uveitis intermedia (n = 40) konnte bei MTX in 33,3 % und bei MMF in 63,6 % der Fälle ein Therapieerfolg erzielt werden. Dieser Unterschied war statistisch signifikant, muss jedoch aufgrund der geringen Fallzahl und mehrerer Behandlungszentren mit Vorsicht betrachtet werden.
Tacrolimus und Azathioprin werden von einigen Expertinnen ebenfalls bei ausgewählten Patientinnen verwendet. Größere Vergleichsstudien zur Effektivität gibt es hier bis dato noch nicht.
Biologika
Die Entwicklung der Biologika hat bei der Uveitis intermedia wie allen Formen der nichtinfektiösen Uveitis unser Therapiearsenal maßgebend erweitert. Adalimumab (z. B. Humira®) gehört zur Gruppe der TNF-alpha-Inhibitoren und ist auch aufgrund seines On-Label-Status das meistverwendete Biologikum in der Behandlung der Uveitis intermedia. Andere TNF-alpha-Inhibitoren wie Infliximab, Golimumab oder Certolizumab stehen alternativ zu Verfügung. Eine häufige Indikation zum Präparatwechsel innerhalb der Substanzgruppe sind Anti-Drug-Antikörper. Die Bildung solcher Antikörper kann, zumindest bei anderen Uveitisformen, durch Kombination von niedrig dosierten DMARD mit dem Biologikum reduziert werden [23]. Vor Therapiebeginn sind eine Hepatitis- und Tuberkulose-Infektion sowie eine multiple Sklerose auszuschließen.
Falls eine Kontraindikation zur TNF-alpha-Blockade aufgrund einer multiplen Sklerose besteht, sollte Rücksprache mit den/der behandelnden Neurolog*In bezüglich einer Interferon-Therapie gehalten werden. Diese kann auch bei einem uveitischen Makulaödem einen guten Effekt zeigen.
Mit Interleukin-Inhibitoren befindet sich eine weitere Gruppe der Biologika in Evaluierung. Interleukin-6-Inhibitoren (z. B. RoActemra®) haben in Fallserien besonders bei CMÖ eine vielversprechende Wirkung gezeigt. Januskinase-Inhibitoren sind keine Biologika, sondern „small molecules“ und finden bei anderen Autoimmunerkrankungen bereits Verwendung. Erste publizierte Daten zeigen eine vielversprechende Wirkung von JAK-Inhibitoren bei therapieresistenter Uveitis.
Studien zur subkutanen Gabe von Interleukin-23-Inhibitoren befinden sich gerade in Phase III.
Biomarker, um Therapieansätze und Wirkstoffe gezielt für bestimme Uveitis-Typen und -Patient*Innen auszuwählen, sind aktuell Gegenstand der Forschung.
Labor-Monitoring
Eine regelmäßige Überwachung bestimmter Laborparameter ist unter einer systemischen Therapie mit DMARD oder Biologika obligat und sollte durch den mitbetreuenden Internisten oder Hausarzt erfolgen. Reversible Leberfermentanstiege sind dosisabhängig und bei MTX in bis zu 13,0 %, bei MMF in bis zu 7,4 % der Fälle zu beobachten [22]. Die Kontrollparameter und -intervalle variieren je nach verwendetem Wirkstoff, enthalten jedoch meist ein Differenzialblutbild sowie Leber- und Nierenfunktionswerte.
Zu Therapiebeginn sollten die Kontrollen wöchentlich erfolgen, bei unauffälligen Befunden können die Laborkontrollintervalle graduell auf bis zu 3 Monate ausgedehnt werden.
Lokale Therapie
Die Entscheidung, ob eine systemische, lokale oder eine Kombination empfohlen wird, ist oft komplex und wird von Faktoren wie Alter, Linsenstatus, Augendruck, der okulären Komorbidität (insbesondere Glaukom), internistischen Komorbiditäten, Bilateralität der Uveitis, Compliance und Patient*Innenwunsch beeinflusst. In Europa erhältliche topische Kortikosteroidpräparate erreichen im Glaskörperraum keine ausreichende Konzentration.
Intravitreale Injektionen
Zur intravitrealen Anwendung stehen das Dexamethason-Implantat Ozurdex® und das Fluocinolonacetonit-Implantat Iluvien® zur Verfügung. Iluvien ist zum Remissionserhalt zugelassen und ist mit einer Wirkung bis zu 3 Jahren angegeben. Ozurdex kann auch zur Remissionsinduktion eingesetzt werden, hat aber eine kürzere Wirkung von 3–6 Monaten. Ein Triamcinolonacetonid-Präparat (Triesence®) ist zur intravitrealen Verabreichung zugelassen. In Österreich beschränkt sich zumindest die Zulassung auf die Anfärbung des Glaskörpers während einer Vitrektomie.
In der Studie "Multicenter Uveitis Steroid Treatment (Must)" wurde über den initialen Zeitraum von 24 Monaten eine ähnliche Sehschärfe in der Gruppe mit systemischer Therapie wie auch in der Gruppe mit dem Fluocinolonacetonit-Implantat Retisert® festgestellt [24]. Im 7‑Jahres-Follow-up zeigte sich eine moderate Überlegenheit der systemischen Therapie [25]. Die Rate an okulären Nebenwirkung wie Augendruckanstieg, Kataraktentwicklung und dafür notwendigen Eingriffen war über den gesamten Zeitraum in der Implantatgruppe signifikant höher [24, 25].
Die im Juni 2023 veröffentlichten Daten der Studie "Macular Edema Ranibizumab v. Intravitreal Anti-inflammatory Therapy (MERIT)" ergaben eine (wenig überraschend) signifikant bessere Wirkung des intravitrealen Dexamethason-Implantats gegenüber intravitrealem Bevacizumab und intravitrealem Methotrexat. Letzteres zeigte in Bezug auf den Visus das schlechteste Ergebnis [26].
Studien zur intravitrealen Gabe von Interleukin 6 befinden sich gerade in Phase 3.
Parabulbär: POINT Trial
Parabulbäre Injektionen von Kortikosteroiden wie zum Beispiel eine subkonjunktivale Triamcinolon-Injektion können additiv oder bei milden Verläufen und guter Verträglichkeit auch als Monotherapie verwendet werden. Bei einem Makulaödem zeigte sich im POINT Trial [27] ein besseres Ansprechen auf intravitreales Triamcinolon oder intravitreales Dexamethason als auf periokuläres Triamcinolon.
Suprachoroidal: PEACHTREE Trial
Im Jahr 2020 zeigten Yeh et al. im PEACHTREE Trial [28], dass suprachoroidales Triamcinolon eine wirksame Methode zur Behandlung eines uveitischen Makulaödems ist. Die Rate an Katarakt- und Augendruckzunahme war nach 2 Injektionen im Abstand von 12 Wochen vergleichbar zur Placebogruppe.
CLS-TA wurde 2021 von der FDA in den USA zugelassen, in Österreich ist das Präparat nicht erhältlich.
Operative Intervention zur Therapie
Vitrektomie
Eine Vitrektomie kann aus diagnostischen Gründen (Maskeradesyndrom, Endophthalmitis, ungenügender Einblick) oder aus therapeutischen Gründen (epiretinale Gliose, Entfernung von Trübungen) notwendig sein. Die Mehrheit der Patient*Innen benötigt keine Vitrektomie. Wie bei jeder Form der Uveitis ist es prognostisch wichtig, mindestens 3 Monate vor einem therapeutischen operativen Eingriff eine Remission zu erhalten [29].
Laserkoagulation und Kryokoagulation
Eine Behandlung mittels Laser- und/oder Kryotherapie kann bei peripheren Netzhautveränderungen wie „snowbanks“ mit Neovaskularisationen indiziert sein [30].
Prognose und Zusammenfassung
Obwohl die Uveitis intermedia häufig einen protrahierten Verlauf nimmt, ist die visuelle Prognose vergleichsweise gut. Im Verlauf von 10 Jahren nach Diagnose treten folgende Komplikationen nach Häufigkeit auf: Katarakt (ca. 50 %), Makulaödem (ca. 40 %), Drucksteigerungen und epiretinale Membranen (je ca. 20 %) [31, 32].
Systemische Assoziationen können auch Jahre nach einer initialen unauffälligen Abklärung gefunden werden. Hier ist insbesondere nach MS- und sarkoidosetypischen Symptomen zu fragen.
Eine etwaige Therapie richtet sich nach der okulären Ausprägung, etwaigen Komorbiditäten und Lebensumständen der Patienten. Dem angepasst ist der Verlauf augenärztlich mit der Möglichkeit zu angiographischen Untersuchungen zu kontrollieren. Typisch sind dabei Intervalle von 3 bis 6 Monaten bei schubfreien Patienten.
Interessenkonflikt
M. Sommer, C. Singer, P. Werkel und G. Seidel geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Erschienen in: Spektrum der Augenheilkunde
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