Diabetische Retinopathie: Systemischer Ansatz zum Schutz vor mikrovaskulärer Dysfunktion
Ergebnisse eines britischen Forschungsteams zeigen, dass ein neuartiger Hemmstoff mikrovaskuläre diabetische Komplikationen bei Diabetischer Retinopathie und Nephropathie verhindern kann.
Die Diabetische Retinopathie (DR) und die Diabetische Nephropathie (DNP) sind durch frühe Veränderungen der mikrovaskulären Permeabilität gekennzeichnet. Zu einer solchen Diabetischen Mikroangiopathie kommt es vor allem dann, wenn ein Diabetes nicht früh genug diagnostiziert oder nicht ausreichend therapiert wird. Daraus können gravierende Sehverschlechterungen bis hin zur Erblindung oder Nierenversagen resultieren. Dass das Heparansulfat spaltende Enzym Heparanase zu diabetischen mikrovaskulären Komplikationen beiträgt, war bereits bekannt, aber der zugrunde liegende Mechanismus, der zu mikrovaskulärer Dysfunktion bei Erkrankungen wie DR und DNP führt, ist noch nicht geklärt.
Im Fokus des Forschungsteams der University of Bristol stand die Glykokalyx, der an Proteine oder Lipide gebundene Kohlenhydratanteil der extrazellulären Seite der Zellmembran. Die Glykokalix stabilisiert die Zellmembran und schützt die Zelle vor mechanischen und chemischen Schädigungen.
Es ist bekannt, dass diese Umhüllung bei Diabetes geschädigt wird. An Mausmodellen konnten die Forscher zeigen, dass diese Entwicklung bei DR und DNP gestoppt werden kann, wenn die Schädigung dieser Schutzschicht verhindert wird.
Dies wird durch den Einsatz eines "Heparanase-Inhibitors“ erreicht. Heparanase ist ein Enzym, das spezifisch Heparansulfat-Ketten von Zelloberflächen- und Basalmembran-Heparansulfat-Proteoglycanen spaltet und an biologischen Prozessen wie z. B. der Tumorinvasion und Metastasierung beteiligt ist. Heparanase wirkt wie eine Schere und beschädigt die Glykokalyx. Heparanase-Inhibitoren verhindern diese Schädigung.
In der Studie wurden zwei Mausmodelle mit Heparansulfatdepletion verwendet, um die Auswirkungen des Heparansulfatverlusts an der Endothelzelloberfläche, d. h. in der endothelialen Glykokalyx, auf die mikrovaskuläre Barrierefunktion zu untersuchen. Die Veränderungen der endothelialen Glykokalyx wurden mittels Fluoreszenzmikroskopie oder Transmissionselektronenmikroskopie gemessen. An einem Typ-2-Diabetes-Mausmodells wurde dann das therapeutische Potenzial der Verhinderung von Heparansulfatschäden durch Behandlung mit dem neuartigen Heparanase-Inhibitor OVZ/HS-1638 ermittelt.
In beiden Modellen mit Heparansulfatdepletion war die Tiefe der endothelialen Glykokalyx reduziert und der retinale Fluss von gelösten Stoffen erhöht. T2D-Mäuse, die mit OVZ/HS-1638 behandelt wurden, wiesen eine verbesserte endotheliale Glykokalyx auf und waren gleichzeitig vor Veränderungen der mikrovaskulären Permeabilität geschützt, die mit DR und DNP einhergehen.
„Wir zeigen“, so das Resümee der Forscherinnen und Forscher, „dass Heparansulfat in der endothelialen Glykokalyx eine wichtige Rolle bei der mikrovaskulären Barrierefunktion in Auge und Niere spielt. Der neuartige Heparanase-Inhibitor OVZ/HS-1638 schützt die bei Diabetes geschädigte Endothel-Glykokalyx wirksam vor Veränderungen der mikrovaskulären Permeabilität, die mit DR und DNP einhergehen, und zeigt damit einen neuartigen systemischen Ansatz zur Behandlung diabetischer mikrovaskulärer Komplikationen auf.“
Dr. Rebecca Foster, Professorin für Mikrovaskuläre Medizin an der Bristol Medical School: Translational Health Sciences (THS), und Hauptautorin der Studie, sagte: „Unsere Ergebnisse sind spannend, da wir gezeigt haben, dass eine Art von Medikamenten in der Lage sein könnte, verschiedene diabetische Komplikationen zu verhindern."
Dr. Monica Gamez, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bristol Medical School (THS) und korrespondierende Autorin, fügte hinzu: „Wir führen derzeit Forschungsarbeiten durch, um unsere neuartige Klasse von Inhibitoren zur klinischen Anwendung zu bringen. Da derzeit über 8 % der erwachsenen Weltbevölkerung an Diabetes leiden, hoffen wir, dass die Patienten in Zukunft von unseren Erkenntnissen profitieren könnten.“
Quelle: University of Bristol