Faszination IOL: Expertinnen hinter der Entwicklung von Intraokularlinsen
Ein Interview mit Aixa Alarcon Heredia und Carmen Canovas von Johnson & Johnson MedTech Vision
Aixa Alarcon Heredia ist Senior Principal Scientist im Bereich Ophthalmic Implant Research & Development (R & D) bei Johnson & Johnson MedTech Vision. Am Forschungs- und Produktionsstandort in Groningen (Niederlande) widmet sie sich mit großer Leidenschaft der Verbesserung der Sehqualität von PatientInnen durch die Entwicklung innovativer Intraokularlinsen. In diesem Interview gewährt uns Aixa Alarcon Heredia zusammen mit ihrer Kollegin Carmen Canovas, Director of Design and Vision Science, einen Einblick in ihre faszinierende Arbeit an der TECNIS PureSee™ IOL.
Sie sind Senior Principal Scientist im Bereich Ophthalmic Implant R & D bei J & J MedTech Vision. Wie würden Sie Ihren Arbeitsalltag beschreiben? Was motiviert Sie am meisten an Ihrem Beruf?
Meinen Kindern erkläre ich immer, dass die Arbeit in der Abteilung R & D wie das Zusammensetzen eines Puzzles ist. Wir verbringen unsere Tage damit, kleine wissenschaftliche Teile zu finden, die ein großes Bild ergeben – ein Bild mit vielen Facetten zu Entwicklung, Qualität, Regulatory oder Marketing. Aufgrund der Bedeutung, die unsere Arbeit für andere Menschen hat, kann dies manchmal eine große Herausforderung sein, aber es ist auch sehr erfüllend. Dies ist unsere größte Motivation: der Nutzen unserer Arbeit für andere und insbesondere für das Leben unserer PatientInnen. Die Produkte, die wir entwickeln und herstellen, werden unsere PatientInnen für den Rest ihres Lebens begleiten. Sie sind entscheidend für das Sehen der PatientInnen.
In diesem Jahr wurde die TECNIS PureSee™ Intraokularlinse erfolgreich am Markt eingeführt. Dabei handelt es sich um eine rein refraktive presbyopie-korrigierende EDOF-Linse mit besonderen Eigenschaften. Was geht generell so einem Prozess einer Produktentwicklung im Bereich Intraokularlinsen voraus?
Der Designprozess wird von den Designzielen bestimmt. Diese Ziele „übersetzen“ das Feedback aus der Praxis in visuelle Anforderungen, die gemessen und quantifiziert werden können. An diesem Prozess sind mehrere Abteilungen und Teams beteiligt – vom Marketing, die das Feedback sammeln und die Anforderungen einordnen, über die Clinical Abteilung bis hin zur Produktion.
Sie waren an der Entwicklung der TECNIS PureSee™ IOL zur Behandlung des Grauen Stars beteiligt. Was war die Ausgangssituation bei dieser Produktentwicklung?
Die größte Herausforderung bei der Weiterentwicklung oder Entwicklung neuer Produkte ist die Kunst, die Ergebnisse für die PatientInnen bereits in der Entwicklungsphase vorherzusagen. Und genau darin sind wir gut. Wir haben unsere Erfahrungen mit der TECNIS Symfony™ OptiBlue™ Extended Range of Vision IOL und mit der TECNIS Eyhance™ IOL genutzt sowie unsere präzise Methode zur Vorhersage des Sehbereichs einer IOL mit Hilfe unserer optischen Bank angewendet. Darüber hinaus haben wir unsere Möglichkeiten zur Vorhersage von Dysphotopsien und des durchschnittlichen Grades der Sehbeeinträchtigungen verbessert. All diese Erkenntnisse sind, in Kombination mit dem Prinzip eines kontinuierlichen Brechkraft-Designs der TECNIS Eyhance™ IOL, bei der Entwicklung der TECNIS PureSee™ IOL mit eingeflossen.
Können Sie die wichtigsten Schritte auf dem Weg von der Idee bis zur Zulassung der TECNIS PureSee™ IOL beschreiben?
Obwohl alle Phasen gleich wichtig sind, gefällt uns der Designprozess am besten. Das Brainstorming von Ideen, bei dem verschiedene Leute zusammenarbeiten, um die Designziele in eine reale IOL umzusetzen, ist einer der kreativsten Schritte in der Produktentwicklung und prägt den Rest der „Entstehungsreise“.
Die TECNIS PureSee™ IOL ist eine ganz neue IOL-Generation. Was macht sie aus Ärzte-Sicht so besonders?
Obwohl presbyopie-korrigierende IOL die Sehqualität von PatientInnen erheblich verbessern, werden sie nur bei etwa 5 % der PatientInnen implantiert.1 Mit der TECNIS PureSee™ IOL wollten wir die Zahl derer erhöhen, die von einer presbyopie-korrigierenden IOL profitieren können. Zu diesem Zweck haben wir eine Linse entwickelt, die die Bedürfnisse von Katarakt-PatientInnen erfüllt, indem sie ein breiteres Spektrum an Sehqualität bietet und gleichzeitig ein Dysphotopsie-Profil aufweist, das mit dem einer monofokalen IOL vergleichbar ist.2-4 Darüber hinaus ermöglicht das Design den Augenchirurgen eine einfache Handhabung durch eine einfache Implantation mit unserem preloaded TECNIS™ SIMPLICITY™ Delivery System, und bietet eine hohe Toleranz gegenüber refraktiven Fehlern für zuverlässige vorhersagbare Ergebnisse.5 Es handelt sich also um eine Linse mit zahlreichen Vorteilen. Meine größte Motivation ist die Bedeutung unserer Arbeit für andere und insbesondere für das Leben unserer PatientInnen
Für welche PatientInnen ist die TECNIS PureSee™ IOL entwickelt worden, d.h. für welche Patienten ist diese IOL besonders geeignet?
Meiner Meinung nach bietet die TECNIS PureSee™ Intraokularlinse eine gute Balance zwischen hoher Sehqualität mit einem ausgezeichneten Fernvisus sowie einer erweiterten Tiefenschärfe für Aufgaben im mittleren und nahen Sehbereich.2 Sie bietet zwar keine absolute Brillenunabhängigkeit6 und Sehen im Nahbereich wie multifokale IOL, dafür hat sie den großen Vorteil, dass sie eine hohe Sehqualität in der Ferne und ein geringes Auftreten von visuellen Begleiterscheinungen aufweist2,7 – selbst bei einem gewissen Grad an postoperativen refraktiven Fehlern.8 Dies ist ein besonders wichtiger Faktor, da gutes Sehen in der Ferne für alle PatientInnen eine absolute Priorität bleibt.
Wie haben Sie es geschafft, dass die TECNIS PureSee™ IOL ein Dysphotopsie-Profil aufweist, das mit dem einer monofokalen IOL vergleichbar ist?
Die TECNIS PureSee™ IOL zeichnet sich durch ihr rein refraktives Design mit einer stufenlosen Änderung der Brechkraft aus.3,9 Sie weist keine Ringe oder Stufen auf, die das Licht streuen und mehr Dysphotopsien verursachen könnten. Darüber hinaus zeigt das Profil eine kontinuierliche Zunahme der Brechkraft – ohne Zonen mit einer definierten Addition. Somit werden durch das Design der TECNIS PureSee™ IOL alle möglichen Ursachen für Dysphotopsien auf ein Minimum reduziert.
Wie sieht Ihre Zukunftsvision für die Behandlung von Menschen mit Augenerkrankungen bzw. der Augenkrankheit „Grauer Star“ aus?
Es ist immer schwierig vorherzusagen, was die Zukunft bringen wird, da die Entwicklungen in Wissenschaft und Medizin glücklicherweise immer wieder für Überraschungen sorgen. Wir denken jedoch, dass sich die Entwicklungen in Richtung sicherer und vorhersehbarer Lösungen bewegen, um den individuellen visuellen Bedürfnissen aller PatientInnen und ChirurgInnen gerecht zu werden.
1 Marketscope 2024 IOL Market Report, März 2024, p.105.
2 Archivdaten DOF2023CT4016 - Simulated VA of the TECNIS PureSee™ IOL compared to TECNIS Eyhance™ and TECNIS™ 1-Piece IOLs. 29 March 2023.
3 Bala C, et al. Six-month visual performance outcomes of a purely refractive extended depth of focus intraocular lens. Abstract ESCRS Vienna 2023. REF2023CT4127.
4 Bala C, et al. Superior intermediate and uncompromised distance quality of vision with a purely refractive extended depth of focus IOL. Abstract ESCRS Vienna 2023. REF2023CT4128.
5 Black D, et al. Clinical evaluation of tolerance to residual refractive errors following implantation with a refractive extended depth of focus (EDF) IOL. Abstract ESCRS Vienna 2023. REF2023CT4129.
6 Archivdaten DOF2023CT4043 - Clinical Investigation of the TECNIS™ Intraocular Lens, Models C1V000 and C2V000. PATIENT SATISFACTION OUTCOMES. 18 July 2023.
7 Corbett D., et al., Quality of vision clinical outcomes for a new fully-refractive extended depth of focus Intraocular Lens., Quality of vision clinical outcomes for a new fully-refractive extended depth of focus Intraocular Lens | Eye (nature.com). Published online Apr 2024, letzter Zugriff 17 Oct 2024. 2024REF4935
8 Archivdaten DOF2023CT4011 - Simulations of visual symptoms under defocus for TECNIS PureSee™ IOL. 29 March 2023.
9 Alarcon A., et al. Quality of vision clinical outcomes for a new fully-refractive extended depth of focus Intraocular Lens | Eye (nature.com). Published online Apr 2024, letzter Zugriff 17 Oct 2024. 2024REF4935