Veränderungen der Mikro-Gefäßstruktur der Netzhaut bei akuter Herzinsuffizienz
In einer Kooperation zwischen Kardiologie und Augenheilkunde des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS) konnten die Mediziner erstmals ein Syndrom beschreiben, das sie als „Kardio-okuläres Syndrom“ bezeichnen.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Böhm und Prof. Dr. Berthold Seitz haben der Kardiologe PD Dr. Amr Abdin, Leiter der Devicetherapie in der Klinik für Innere Medizin III des UKS, und sein Bruder PD Dr. Alaadin Abdin, Geschäftsführender Oberarzt der Augenklinik des UKS, gemeinsam an einem Forschungsprojekt zu Veränderungen der Mikro-Gefäßstruktur der Netzhaut bei akuter Herzinsuffizienz gearbeitet und dabei neue, wegweisende Erkenntnisse gewonnen.
Eine Stauung im Gefäßsystem ist die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte bei Patientinnen und Patienten mit akuter dekompensierter Herzinsuffizienz (ADHF). Bei der Flüssigkeitsüberladung kommt es zu einem Anstieg des Venendrucks, der auf die efferenten Arteriolen zurückübertragen wird. Dies führt letztlich zu einer Beeinträchtigung der Organperfusion, was wiederum Organschäden verursacht. Dieses Phänomen wurde bereits in verschiedenen Organen wie Niere, Leber, Darm und Gehirn beobachtet. Die akuten Auswirkungen dieser Stauung auf die Augen bleiben jedoch bislang unbekannt. Moderne Netzhautbildgebung bietet eine nicht-invasive Methode, um die Netzhautmikrogefäße direkt zu beurteilen und die systemischen Zusammenhänge darzustellen.
„Wir konnten zum ersten Mal die signifikanten Veränderungen im Auge bei Patientinnen und Patienten mit akuter dekompensierter Herzinsuffizienz (ADHF) nachweisen und das ‚Kardio-okuläre Syndrom‘ beschreiben“, sagt der PD Dr. Amr Abdin. „Wir sind überzeugt, dass unsere Ergebnisse für zahlreiche Ärzte und Fachkreise von großem Interesse sein werden und neue Perspektiven für spannende Forschungsfelder eröffnen können. Deshalb möchten wir unsere Kolleginnen und Kollegen gerne auf diese Studie hinweisen.“
Das Paper wurde zur Veröffentlichung im European Journal of Heart Failure (Impact factor 16,9) angenommen: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ejhf.3474
In der aktuellen Studie wurden bei 40 Patientinnen und Patienten die Veränderungen der retinalen Mikrozirkulation mittels Bildgebungstechniken untersucht, und zwar während Episoden einer ADHF und nach der Rekompensation im Vergleich zu altersangepassten Kontrollpersonen ohne bekannte Herz- oder Augenerkrankungen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten Patientinnen und Patienten mit ADHF bei Aufnahme eine beeinträchtigte Sehschärfe, eine reduzierte Gefäßdichte in der Makula und eine verminderte Perfusionsdichte. Nach der Rekompensation stiegen die mittlere Gefäßdichte und die mittlere Perfusionsdichte bei Entlassung deutlich an.