Welt-Braille-Tag: Sechs Punkte lassen Blens Traum wahr werden

Die CBM unterstützt blinde und sehbehinderte Kinder in den ärmsten Regionen der Welt.

Blen aus Äthiopien lernt an der CBM-geförderten German Church School die Braille-Schrift. Bild: © CBM
Blen aus Äthiopien lernt an der CBM-geförderten German Church School die Braille-Schrift. Bild: © CBM

Anlässlich des Welt-Braille-Tags am 4. Januar erinnert die Christoffel-Blindenmission (CBM) an die Bedeutung der Braille-Schrift. Sie ermöglicht blinden und sehbehinderten Menschen rund um den Globus das Lesen und Schreiben. Gerade in armen Ländern, in denen Hilfsmittel wie Computer oder Vorlesegeräte Mangelware sind, ist die vor genau 200 Jahren entwickelte Punktschrift eine große Chance. Deshalb spielt sie auch in CBM-geförderten Projekten eine wichtige Rolle. Das Beispiel der kleinen Blen aus Äthiopien zeigt, wie sehr die Blindenschrift ein Leben verändert. 

Wenn Blens Finger im Schulunterricht über das Papier gleiten, dann strahlt sie. Das achtjährige Mädchen aus Äthiopien ist blind. Es liest mit den Fingern, indem es die ins Blatt gestanzten Punkte ertastet. 1825 erfand Louis Braille die Blindenschrift. Das fühlbare Alphabet ersetzt jeden Buchstaben durch eine Kombination aus sechs erhabenen Punkten: eine echte Revolution und für blinde Menschen der Schlüssel zu Bildung und Beruf. 

Wo Inklusion gelebter Alltag ist

So war es auch bei Blen. Doch das Mädchen hat einen langen Weg hinter sich. Dass mit Blen etwas nicht stimmte, merkte die Mutter, als ihre Tochter zwei Jahre alt war. „Sie zeigte keine Reaktion, wenn man ihr ein Spielzeug gab. Und sie weinte auch nicht, wenn man sie allein ließ“, erinnert sie sich: „Ich dachte zunächst, dass sie einfach ein sehr ruhiges Kind ist.“ Eine Untersuchung ergab schließlich, dass Blen blind ist. Die Diagnose erschütterte die Familie. Doch damit nicht genug: Ein bewaffneter Konflikt zwang sie, vom Norden des Landes in die Hauptstadt Addis Abeba zu fliehen und alles zurückzulassen. Blens Wunsch, zur Schule zu gehen, schien ein unerreichbarer Traum. Es fehlte an inklusiven Schulen, und der Familie fehlte es an Geld.

Schließlich erfuhr Blens Mutter von der CBM-geförderten German Church School, die ausschließlich Kinder aus armen Familien und Kinder mit Behinderungen aufnimmt. Dort lernte Blen in einem Spezialkurs die Braille-Schrift. Das Mädchen fühlt sich wohl an dieser Schule, in der Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen und spielen. Inklusion ist hier täglich gelebte Praxis. Die German Church School gilt als Modellschule in Äthiopien, einem Land, in dem es alles andere als selbstverständlich ist, dass Kinder mit und ohne Behinderung Umgang miteinander haben. 

Einst außen vor, jetzt mitten drin

Blens Mutter stellt jeden Tag aufs Neue fest, wie sehr sich Blen inzwischen verändert hat: Früher war sie eine Einzelgängerin, die sich nicht traute, mit anderen Kindern zu spielen. Heute freut sich das Mädchen auf jeden neuen Schultag, hat Freunde gefunden und lernt mit Begeisterung. Die Braille-Schrift hat Blen schon jetzt geholfen, dazuzugehören. Und sie wird ihr auch helfen, einmal ihr Leben in die Hand zu nehmen und ihre Träume zu verwirklichen.