Der Augenforschung verschrieben – Gemeinsam den Durchbruch schaffen
Patientenregister als Motor und Vorbild für andere.
Foto: PRO RETINA Deutschland/Nowack
Bildunterschrift: Podiumsdiskussion „Patientenregister: Wertvolle Ressource oder nutzloses Datengrab?“ v.l.n.r.: Barbara Ritzert, Moderatorin der Veranstaltung, Prof. Bernd Bertram, Vorsitzender des Berufsverbandes der Augenärzte; Franz Badura, Vorsitzender PRO RETINA Deutschland; Prof. Nicolas Feltgen, Augenklinik der Universitätsmedizin Göttingen; Dr. Frank Brunsmann, PRO RETINA, Fachbereich Diagnose und Therapie; Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln; Dr. Sandra Jansen, PRO RETINA Patientenregister und Günther Bockreis, Makulaberater in der PRO RETINA.
PRO RETINA forciert mit Patientenregister wissenschaftliches Engagement für wirksame Therapien bei Netzhauterkrankungen – Schlüssel des Erfolges: Daten bleiben beim Patienten
Bis ins hohe Alter gut sehen zu können, wird immer wichtiger. Nicht nur, weil Menschen in unserer Gesellschaft des langen Lebens immer älter werden. Sondern auch, weil die Herausforderungen für unsere Augen in der digitalen Gesellschaft zunehmen. Computer, Tablets, Smartphone oder auch digitale Steuerungen aller Art bestimmen immer stärker unseren Alltag.
Fortschritte in der Augenheilkunde gewinnen damit zunehmend in der Gesellschaft an Bedeutung. Die Patientenorganisation PRO RETINA setzt sich vor diesem Hintergrund auf besondere Weise dafür ein, dass spezielle Erkrankungen der Netzhaut behandelbar werden. Die Selbsthilfevereinigung mit mehr als 6.000 Mitgliedern nimmt damit so etwas wie eine Pionierstellung ein - aus persönlicher Erfahrung mit der eigenen Erkrankung heraus. Sie wurde vor mehr als 40 Jahren gegründet, weil es für Menschen mit einer Retinitis pigmentosa und anderen Netzhautdegenerationen keinerlei medizinische Hilfe gab.
In den vergangenen Jahren änderte sich das zunehmend durch Innovationen in der Diagnostik und Behandlung von bestimmten Krankheits-Formen. Berechtigte Hoffnung auf wirksame Therapien wurden zuletzt vor allem mit der ersten zugelassenen Gentherapie Luxturna gegen eine frühkindliche Erblindung geschürt, die durch den Defekt in dem Gen RPE65 verursacht wird. Es herrscht Aufbruchstimmung bei vielen Patienten mit Netzhaut- und Makulaerkrankungen. Auch, wenn die großen Durchbrüche für ursächliche Heilung nach wie vor auf sich warten lassen. Mit einem eigenen Patientenregister für über 40 seltene Netzhauterkrankungen bringt PRO RETINA seit kurzem Patienten, Ärzteschaft und Wissenschaft noch enger zusammen, um dies zu ändern: Zum Wohle von Patienten von heute und morgen.
Henriette Reker: Patientenregister als Motor und Vorbild für andere
Vor Teilnehmern des Gesundheitspolitischen Diskurses von PRO RETINA Deutschland sagte Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, am Wochenende: „Das Patientenregister hat das Potenzial, der Motor für medizinischen Fortschritt auf diesem Gebiet zu werden.“ Insbesondere dankte sie PRO RETINA für die engagierte Vernetzung von Forschung, Ärzteschaft, Politik und Gesellschaft. Das Patientenregister könne Vorbild sein für andere medizinische Fachgebiete, auch im Umgang mit sensiblen Patientendaten, die durch die Digitalisierung nutzbar gemacht werden können.
Reker betonte, wie wichtig Fortschritte in der zukünftigen Sicherung der gesundheitlichen Versorgung auch in einer wachsenden Metropole wie Köln seien. Sie setzt dabei auch auf Vernetzung bestehender Infrastrukturen vor Ort. Der Metropole Köln wird bis 2040 ein Zuwachs von 100.000 Bewohnern vorausgesagt. Dies seien enorme Herausforderungen für neue Wege auch für einen Spitzenstandort der Medizin wie Köln.
Doppelt so viele Einschreibungen im Patientenregister bereits im 2. Jahr
Die Initiative der Patientenorganisation für ein eigenes Patientenregister begann Ende 2016.
Knapp zwei Jahre später, so konnte die Koordinatorin des PRO RETINA Patientenregisters, Dr. Sandra Jansen, berichten, sind bereits 1.200 Menschen
bundesweit eingeschrieben. Dafür wurden Kontakte zwischen betroffenen Menschen, die an diesen Studien teilnehmen möchten und Studieninitiativen von Unternehmen und Augenzentren gefördert. Das Patientenregister könne aber perspektivisch noch viel mehr, so Dr. Frank Brunsmann, Leiter des Fachbereichs Diagnose und Therapie der PRO RETINA.
Mit dem Ausbau für die sogenannte Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie (LHON), einer seltenen erblichen Erkrankung, die das Augenlicht meist junger Männer gefährdet, werden bereits erste Schritte in Richtung der Erforschung von Erkrankungsverläufen unternommen.
Netzhauterkrankungen begleiten als chronische Erkrankungen in der Regel ein Leben lang. Niemand wisse so genau, was auf diesem Weg geholfen hat und was nicht, wie die Patienten selbst, so Brunsmann. Diesen Informationsschatz auch für andere seltene Netzhauterkrankungen zu sichern und zu nutzen, könne enorm voranbringen. Vielleicht könne dies eines Tages sogar bei ausreichender Evidenz dazu beitragen, Scharlatanen, die mit unnützen und teuren Therapien ein Spiel mit der Hoffnung betreiben, einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Daten in den richtigen Händen nutzbar machen, aber nicht ausnutzen
PRO RETINA, so Franz Badura, Vorsitzender von PRO RETINA Deutschland, wisse sehr genau um die Verantwortung, die mit einem solch mächtigen Instrument in ihren Händen liegt. Dass die Daten in den Händen der Patienten bleiben, und es sicher ist, dass nicht Krankenkassen, Lebensversicherungen oder die Pharmaindustrie unberechtigten Zugang erhalten, sei der Schlüssel des Erfolgs des eigenen Patientenregisters, den man jetzt bereits ablesen könne. Das spiegele sich in immer mehr Anfragen von Forschungszentren im In- und Ausland wider.
Notwendiges Vertrauen dafür hat sich PRO RETINA seit vielen Jahren durch seine intensive Forschungsförderung mit der eigenen Stiftung zur Verhütung von Blindheit erarbeitet. Ein Erfolg nachhaltigen Engagements, aber auch einer konsequenten Haltung gegenüber unsinnigen therapeutischen Wegen und des authentischen Blicks der Betroffenen für das Wesentliche im Umgang mit einer Netzhauterkrankung, so Badura. Vertrauen beginnt nach Günther Bockreis, langjähriger ehrenamtlicher Makulaberater der PRO RETINA Deutschland, mit dem ersten Gespräch am Telefon. Menschen offenbaren sich mit ihren
Ängsten und Sorgen. Diese Offenheit bekommen alle 250 Aktiven der PRO RETINA vor Ort zu spüren. Das sei ein hohes Gut, so Bockreis, mit dem man sensibel umgehen müsse.
Augenärzte sprechen von ermutigenden Entwicklungen
Wissenschaftler, wie Prof. Nicolas Feltgen, Augenklinik der Universitätsmedizin Göttingen, sind dankbar für die Einrichtung eines Patientenregisters, das bisher einmalig ist in der Augenheilkunde. Im Vergleich zu anderen Ländern wisse man in Deutschland viel zu wenig zu Ausmaß und Verläufen von vielen Augenerkrankungen. Feltgen sagte: „Ich erlebe Patienten in der ärztlichen Praxis verzweifelt, aber auch zunehmend bereit, etwas für Verbesserungen, die auch anderen zugutekommen, zu geben“.
Mut machen die Entwicklungen bei Altersabhängiger Makula-Degeneration: Prof. Bernd Bertram, Vorsitzender des Berufsverbandes der Augenärzte, berichtete, dass sich mit den jüngeren therapeutischen Möglichkeiten Menschen mit Altersabhängiger Makula- Degeneration heute viel früher in die Behandlung begeben, weil sich die Ergebnisse dadurch verbesserten. Aktuelle Erhebungen aus Sachsen zeigen, dass unter anderem bei Makula- Erkrankungen die Zahl der Erblindungen abnehmen. Bertram ist überzeugt, wenn es erste therapeutische Ansätze für Netzhautdystrophien gibt, wird sich das auch in steigenden
Einschreibungen im Patientenregister zeigen.
PRO RETINA Deutschland will dafür von ihrem diesjährigen Gesundheitspolitischen Diskurs in Köln aus bundesweit noch stärker als bisher als Mutmacherin tätig werden. Insbesondere sollen Informationswege und Kontakte mit Augenärzten, Kliniken und Zentren in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.