PRO RETINA begrüßt Entgrenzung der Abrechnungsziffer bei molekulargenetischer Diagnose – auch Betroffene von Netzhautdystrophien profitieren
PRO RETINA feiert ersten Erfolg mit der politischen Interessensvertretung auf dem Weg zu schneller Diagnosestellung für die seltenen, erblich bedingten Netzhautdystrophien. Entgrenzung der Abrechnungsziffer ermöglicht Patientinnen und Patienten unbürokratischen Zugang zu einer adäquaten molekulargenetischen Diagnostik.
Erbliche Netzhautdystrophien gehören zu den seltenen Erkrankungen des Auges und können zu erheblichen Einschränkungen des Sehvermögens bis hin zur Erblindung führen. In Deutschland sind ca. 60.000 Menschen betroffen. Es gibt mehr als 70 unterschiedliche Krankheitsbilder, denen mittlerweile 271 bekannte Gene zugrunde liegen. Die Symptome, Ausprägungen und Verläufe sind sehr verschieden. Die molekulargenetische Diagnostik unterstützt die klinische Diagnose und dient zur Absicherung beziehungsweise zum Ausschluss von Verdachtsdiagnosen. Die frühe, korrekte Diagnose ist wichtig für eine optimale medizinische Versorgung und die Lebensplanung Betroffener und ihrer Familien.
Bisher standen zur Leistungsvergütung zwei Abrechnungsziffern im EBM-Katalog zur Verfügung. Die Mutationsanalyse war in der Abrechnungsmöglichkeit auf die Entschlüsselung von 25 kb (Kilobasenpaare) DNA begrenzt. Darüber hinaus musste vorab ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden und oft führten erst mehrere Widerspruchsverfahren zur Genehmigung. Unnötige Wartezeiten für die Betroffenen waren die Folge. Seit vielen Jahren arbeitet PRO RETINA daran die „patient journey“ bei der Diagnosestellung der erblichen Netzhautdegenerationen zu verkürzen. Zuletzt wurde der Sachverhalt bei der gesundheitspolitischen Veranstaltung der PRO RETINA Anfang November 2020 in Berlin mit Experten aus Medizin, Ärzteschaft und Gesundheitspolitik thematisiert.
Seit 1. Januar 2021 ist die Genehmigungspflicht für die erweiterte Mutationssuche über 25 kb aufgehoben. Somit können nun bei den Netzhautdystrophien auch Multigen-Panels, deren Größe 25 kb überschreitet, ohne vorherigen Antrag auf Kostenübernahme bei der gesetzlichen Krankenversicherung beauftragt und analysiert werden. „Die Entgrenzung der Abrechnungsziffer ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer unkomplizierten und fundierten Diagnosestellung bei Netzhautdystrophien für uns Betroffene und unsere Angehörigen“, freut sich Franz Badura, politischer Referent im Hauptstadtbüro von PRO RETINA. Derzeit laufende klinische Studien zu medikamentösen oder gentherapeutischen Verfahren lassen hoffen, dass sich in naher Zukunft neben der ersten zugelassenen Gentherapie für die Indikation LCA (Lebersche Kongenitale Amaurose) noch weitere individuelle Behandlungsoptionen eröffnen werden, für die das ursächliche Gen sowie die zugrundeliegende Mutationssituation zwingend bekannt sein muss.