Abrechnung von im Ausland versicherten Patienten
Sollte ein im Ausland krankenversicherter Patient in Ihrer Praxis erscheinen, müssen Sie grundsätzlich zwischen drei unterschiedlichen Patientengruppen differenzieren. Das korrekte Vorgehen beschreibt der folgende Beitrag.
Patienten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR*) und der Schweiz
• Anspruchsnachweis: Europäische Krankenversicherungskarte oder provisorische Ersatzbescheinigung
• Leistungsumfang: nach dem Recht der GKV für Leistungen, die sich während des Aufenthalts in Deutschland als medizinisch notwendig erweisen und die nicht bis zur Rückreise ins Heimatland aufgeschoben werden können, z. B. akute Erkrankungen, fortlaufende Versorgung chronisch Kranker oder notwendige medizinische Leistungen bei Schwangerschaft.
• Merke: Es besteht kein Anspruch, wenn der Versicherte zum Zweck der medizinischen Behandlung nach Deutschland eingereist ist. Ausnahme: Der ausländische Kostenträger hat die Behandlung vor Inanspruchnahme genehmigt (Formular S2 oder E112) und die aushelfende deutsche Krankenkasse hat eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt.
• Praktisches Vorgehen: Die Patienten kommen in die Praxis und legen eine von ihrer Heimatkasse ausgestellte Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) oder provisorische Ersatzbescheinigung (PEB) vor. Hierbei Ausgabedatum und Gültigkeit kontrollieren, vor allem bei der PEB. Die Identität mithilfe von Reisepass oder Personalausweis überprüfen.
o EHIC bzw. PEB zweimal kopieren, die Kopien mit Datum, Stempel und Unterschrift versehen.
o Besteht keine Kopiermöglichkeit in der Praxis, sind auch vom Patienten mitgebrachte Kopien möglich.
o Im fahrenden Notdienst können die Daten auch händisch erfasst werden: Herkunftsland inkl. der zugehörigen Ordnungsnummer, Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Persönliche Kennnummer, Kennnummer des Trägers, Kennnummer der Karte und Ablaufdatum: bei der PEB zusätzlich Gültigkeitsdauer und Ausgabedatum.
• Praxistipp: Zur händischen Erfassung existiert auch Vorlage der KBV, die genutzt werden sollte, um nichts zu vergessen (iww.de/s4654).
o Aushändigung der „Patientenerklärung Europäische Krankenversicherungskarte“, die der Patient ausfüllen muss, wobei er eine selbst gewählte deutsche Krankenkasse angeben kann.
o Die Kopie der EHIC/PEB (EBM-Nr. 40144) bzw. der händisch erfassten Daten senden Sie mit dem Original der Patientenerklärung umgehend an die gewählte deutsche Krankenkasse (Nr. 40120). Aufbewahrungspflicht der in der Praxis verbleibenden Kopien: zwei Jahre.
o Dauert die Behandlung länger als drei Monate, müssen die Dokumente erneut kopiert und die Patientenerklärung neu erstellt werden.
• Abrechnung über die KV mit der Quartalsabrechnung mit den Regelungen des Ersatzverfahrens. Abrechenbar sind zusätzlich zu den Behandlungsleistungen die Nr. 40144 für die Kopien und die Nr. 40120 für die Zusendung der Unterlagen an die Krankenkasse. Ab dem 01.07.2020: Allein die Nr. 40110.
• Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhauspflege und Ausstellen von Überweisungen: Auf den üblichen Formularen; im Personalienfeld links ankreuzen: Gebührenpflichtig und Sonstige.
• Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit: Wie bei eigenen Patienten; der Patient bekommt das Original und den ersten Durchschlag.
* EWR = Staaten der EU und der EFTA (ohne Schweiz).
Patienten aus Ländern mit bilateralem Abkommen
• Anspruchsnachweis: Nationaler Anspruchsnachweis der gewählten deutschen Krankenkasse. Überprüfung der Dringlichkeit der Behandlung und Beachtung der evtl. eingetragenen Behandlungseinschränkungen. Übernahme der Daten ins Praxissystem.
• Leistungsumfang: Eingeschränkter Leistungsumfang für Leistungen, die sich während des Aufenthalts in Deutschland als notwendig erweisen. Der Leistungsumfang ist entweder auf dem Anspruchsnachweis vermerkt oder kann bei der gewählten Krankenkasse nachgefragt werden.
• Praktisches Vorgehen: Die Patienten kommen in die Praxis und legen einen von der ausgewählten deutschen Krankenkasse ausgestellten nationalen Anspruchsnachweis vor. Überprüfung der Dringlichkeit der Behandlung und Beachtung der evtl. eingetragenen Behandlungseinschränkungen. Übernahme der Daten ins Praxissystem.
• Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. Merke: Heil- und Hilfsmittel müssen grundsätzlich vor Verabreichung bzw. Lieferung von der deutschen Krankenkasse genehmigt werden.
• Verordnung von Krankenhauspflege: Auf den üblichen Formularen; im Personalienfeld links ankreuzen: Gebührenpflichtig und Sonstige.
• Ausstellung von Überweisungen: Bescheinigung der Notwendigkeit weiterer ärztl. Behandlung auf einem Rezept, das der Patient der Krankenkasse vorlegen muss. Dort erhält er dann einen weiteren Anspruchsnachweis.
• Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit: Wie bei eigenen Patienten; Patient bekommt das Original, ein Durchschlag muss an die deutsche Krankenkasse weitergeleitet werden.
Patienten ohne oder mit nicht richtigem Anspruchsnachweis
• Information des Patienten, dass das Arzthonorar auf Basis der GOÄ privat zu bezahlen ist und dass Arznei-, Heil- und Hilfsmittel nur auf einem Privatrezept verordnet werden können und somit auch vom Patienten zu bezahlen sind.
• Insgesamt Behandlung und Abarbeitung wie bei normalen Privatpatienten. Allerdings ist in diesen Fällen u. U. eine Sofortzahlung nach Behandlungsende anzuraten.
Dr. med. Heiner Pasch, Kürten