Gentherapie mit Nanopartikeln schützt vor Zelltod in der Retina
Entscheidender Fortschritt bei nicht-viralen Gentherapien: Wissenschaftler der Universitätsmedizin Magdeburg entwickeln die weltweit erste Gentherapie mit Nanopartikeln und setzen sie erfolgreich bei Schädigungen des Sehnervs ein.
Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern um Prof. Dr. Bernhard Sabel, Direktor am Institut für Medizinische Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, ist es erstmals gelungen, mit Nanopartikeln eine nicht-virale Methode zu entwickeln, erfolgreich Gene in Zellen der Retina einzuschleusen und damit eine weitere Schädigung des Sehnervs zu stoppen. Auch inaktive Zellen konnten so wieder aktiviert werden. Mit dieser Anwendung einer nicht-viralen Gentherapie sind die Magdeburger Forschenden weltweit die ersten und liefern wichtige Erkenntnisse im Bereich der Grundlagenforschung. Ihre Ergebnisse wurden in dem Forschungsjournal „Neural Regeneration Research“ veröffentlicht.
„Konkret haben wir mit Hilfe von Nanopartikeln eine Gentherapie entwickelt, die das Caspase-3-Protein blockiert. Dieses Protein löst bei Nervenzellen einen Mechanismus aus, der zu deren Selbstmord führt und somit zu einer Schädigung des Sehnervs und anschließender Erblindung führen kann“, erläutert Prof. Sabel. Bei dieser Gentherapie werden Gene in eine Zelle eingeschleust, die das Caspase-Gen blockieren und so die Synthese des Proteins stoppen. Die Nanopartikel dienen dabei als Vehikel um Blockade-Gene, sogenannte „Caspase-3-small interfering RNA“, in die Nervenzellen der Netzhaut zu schleusen. „Nanopartikel können durch bestimmte Oberflächeneigenschaften gut in das Zellinnere gelangen. Es zeigte sich, dass nach zweimaliger Behandlung doppelt so viele Nervenzellen in der Netzhaut überleben und diese auch nach 6 Wochen noch nachweisbar waren“, beschreibt der Hirnforscher die Ergebnisse, die mit Hilfe von Tierexperimenten nachgewiesen wurden.
Mit diesem Wissen sei es nun erstmals möglich, ohne den Einsatz von Viren alternative Gentherapien zur Behandlung von Erkrankungen der Netzhaut zu entwickeln. Prof. Sabel hält eine klinische Anwendung bei unterschiedlichen Augenerkrankungen wie dem Glaukom und Retinitis Pigmentosa für denkbar – und theoretisch auch darüber hinaus.
Die gewonnenen Erkenntnisse sind das Ergebnis von sechs Jahren intensiver Forschungsarbeit. „Die gute Zusammenarbeit mit den Experten aus der Verfahrenstechnik der Universität Magdeburg und die Verfügbarkeit eines eigens in Magdeburg entwickelten hochmodernen Neuro-Imaging-Systems für tierexperimentelle Forschung hat uns diese Entdeckung erst möglich gemacht“, erklärt Prof. Sabel. Aber der Weg bis zum klinischen Einsatz einer Gentherapie mit Nanopartikel sei noch lang.