Urteil: Streitfrage Laserabrechnung bei Katarakt

Seit nun mehr als sechs Jahren avanciert die analoge Abrechenbarkeit der 5855 GOÄ bei LCS (laser-assisted cataract-surgery) zu einer juristischen Streitfrage erster Güte, welche wohl Anfang des kommenden Jahres durch den Bundesgerichtshof (BGH) abschließend beurteilt werden wird.

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Auf der Linie der befürwortenden Rechtsprechung bewegt sich die aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund, Urt. v. 29. 06.21, 425 C 2779/20 in gefestigter Rechtsprechung wie ebenfalls das dort ansässige Landgericht. Nach dieser gefestigten Rechtsprechung stellen die Operationsanteile des Lasers eine eigenständige Leistung dar, die somit zwingend neben die durch Nummer 1375 GOÄ erfassten OP-Anteile eigenständig hinzutreten. Die Laserbehandlung werde nie von der Leistungslegende der Nummer 1375 GOÄ erfasst, so dass der Lasereinsatz eben nicht nur eine Ausführungsvariante der Kataraktoperation darstellt und eine unzulässige Doppelabrechnung eben nicht gegeben sei. 

Das Amtsgericht brauchte somit nicht mehr der Frage nachgehen, ob bei dem betroffenen Patienten eine eigenständige medizinische Indikation gerade für den Lasereinsatz vorlag oder nicht. Eine solche war anwaltlich unter Hinweis auf ein vorliegendes PEX-Syndrom und auf eine Zonulaschwäche beidseits ausgeführt worden, welche bei bloßer Kataraktoperation (bei Verzicht auf einen Lasereinsatz) wohl vertiefend geschädigt worden wäre. 

Das Amtsgericht Köln war gleichfalls in einem Verfahren mit seiner Entscheidung vom 02.03.2021, 24 C 304/18 der Frage nachgegangen, ob
ein beidseits bestehender forme fruste Keratokonus 
die vertikale Verschiebung der Linse infolge einer myopia magna 
und ein vorbestehender Astigmatismus von -2,75 rechts und -6,0 links (ohne Korrektur durch eine torische Linse) 
eigenständige Indikationen zum Lasereinsatz darstellen. Die private Krankenversicherung wurde bei dieser Indikationslage zur Zahlung des Behandlungshonorars gemäß Nummer 5855a GOÄ verurteilt. 

Nach bejahter eigenständiger medizinischer Laserindikation relativierten jedoch in anderen Verfahren gerichtlich befragte Sachverständige zum Teil wieder die Abrechenbarkeit der Nr. 5855a GOÄ. Diese begründen erstaunlicherweise wie folgt: In einem ersten Schritt wurde die eigenständige Laserindikation bejaht (z.B. bei einem harten Linsenkern oder einer subluxatio lentis). In einem zweiten Schritt wurde dann aber angenommen, dass es sich hierbei um „eine Indikation außerhalb der Katarakt handele“. 

Dies ist indes ein nicht belastbarer Ansatz, weil es bei einer Kataraktoperation prinzipiell niemals eine eigenständige Laserindikation geben könnte – aber gerade diese war durch diesen Mediziner zuvor im eigenen schriftlichen Gutachten selbst bestätigt worden. 

Die fehlende logische Schlussfolgerung wird dann auch in der weiteren Äußerung des Gutachters erkenntlich – mit der Aussage, dass die eigenständige Indikation im Ergebnis auch deshalb zu verneinen sei, weil die vorliegende Katarakt der Klägerin „auch konventionell hätte operiert werden können“. Wäre dieser Gedanke richtig, könnte niemals eine eigenständige Laserindikation bestehen, da sich – technisch gesehen – alle Katarakte konventionell operieren ließen (Landgericht München I, Urt. vom 21.05.2021, 25 S 10082/20). 

Ferner wird teilweise gutachterlich postuliert, dass eine eigenständige individuelle Indikation nur dann abgeleitet werden könne, wenn es Subgruppen von Katarakt-Patienten, die erfolgreich nur durch LCS behandelt werden könnte, gebe. Dies ist nicht überzeugend. Wenn einmal eine eigenständige Indikation für den Lasereinsatz bejaht ist, kann eine Krankenversicherung nicht dann widersprüchlich behaupten, es ginge ja auch ohne den Laser. Das wäre so, als wenn man die Kostenerstattung für ein modernes Zahnimplantat mit dem Argument, die Zahnlücke ließe sich auch durch eine konventionelle prothetische Zahnbrücke anstelle eines künstlichen Implantates überbrücken, verneinen wollte. (LG Mannheim, Urt. v. 16.02.21, 11 S8/9). 

Als Fazit ist nach der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, dass jedenfalls bei eigenständiger Laserindikation die Abrechnung der Nr. 5855a GOÄ zulässig erscheint.

Rüdiger Gedigk
Fachanwalt für Arbeits- und Medizinrecht
KANZLEI für ARBEIT & GESUNDHEIT