EU-Verordnung verabschiedet: G-BA arbeitet an europäischer HTA-Bewertung mit

Das EU-Parlament hat die EU-HTA-Verordnung für eine gemeinsame Nutzenbewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment, HTA) beschlossen, zu denen beispielsweise auch neue Arzneimittel (inklusive Gen- und Zelltherapien), aber auch Medizinprodukte gehören.

© Svea Pietschmann / G-BA
© Svea Pietschmann / G-BA

Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel: „Mit der HTA-Bewertung von Innovationen auf europäischer Ebene wird sich vor allem die Arzneimittelbewertung in jenen Mitgliedsstaaten verbessern, die bisher nicht mit diesen systematischen, vergleichenden Analysen von klinischen Daten vertraut waren. Aber auch in Deutschland wird die EU-Verordnung einiges bei der Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln verändern. Künftig muss die gemeinsame klinische Bewertung auf europäischer Ebene in die frühe Nutzenbewertung einbezogen werden, wenn der G-BA über den patientenrelevanten Zusatznutzen zu entscheiden hat, Werturteile über den Zusatznutzen sowie Erstattungsentscheidungen werden mit der europäischen Nutzenbewertung jedoch nicht vorweggenommen.“

G-BA erarbeitet mit EU-Partnern Standards für HTA-Bewertungen

Als Teil des Konsortiums „EUnetHTA21“ arbeitet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zusammen mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits an den Grundlagen für die Umsetzung dieser Verordnung. Aufgabe des G-BA wird es unter anderem sein, an Prozess- und Strukturanforderungen sowie an methodischen Fragestellungen für klinische Beratungen mitzuarbeiten. Die klinische Bewertung auf europäischer Ebene soll künftig bei nationalen Entscheidungen zum Zusatznutzen bei neuen Arzneimitteln einbezogen werden. Gestartet werden soll ab 2025 mit einer gemeinsamen Bewertung bei Krebsmedikamenten und neuartigen Therapien (ATMPs).

Hecken weiter: „In den kommenden Jahren wird es darum gehen, gemeinsam mit anderen EU-Partnern verbindliche Standards für eine Nutzenbewertung zu definieren. Das bedeutet, sich gemeinsam darüber zu verständigen, welche methodischen Instrumente für eine HTA–Bewertung geeignet sind, wie mit verschiedenen Endpunkten umgegangen wird und wie unterschiedliche Evidenz einbezogen wird. Einig sind wir uns, dass die beste wissenschaftliche Basis dafür vergleichende kontrollierte Studien sind. Zugleich zeigt sich in der Praxis aber: Neue Arzneimittel kommen nicht selten mit schwachen Daten auf den Markt. Herausfordernd wird auch die Frage werden, wie mit der wachsenden Nachfrage umgegangen wird, Real-World-Evidence, also Daten aus dem Versorgungsalltag, für die Nutzenbewertung heranzuziehen. Eine Aufgabe bei der Umsetzung der Verordnung wird es daher auch sein, für solche schwierigen Fälle methodischen Lösungen zu entwickeln. Das wäre dann die beste Voraussetzung für die nationalen Gremien, die die eigentliche Entscheidung zum Zusatznutzen treffen werden.“

Hecken abschließend: „Der G-BA bringt für die Arbeit auf europäischer Ebene viel Erfahrung aus seinen nationalen Bewertungen der letzten zehn Jahre mit. Das deutsche AMNOG-Verfahren ist zwar streng, zugleich aber auch flexibel genug, um als lernendes System auf Veränderungen zu reagieren. Sicherlich ein Grund, warum es von der Industrie wie auch von Krankenkassen akzeptiert wird.“

Hintergrund

Die EU-HTA-Verordnung, auf die sich die EU nach jahrelangen Verhandlungen in diesem Jahr verständigt hat, stellt die Basis für die verbindliche Zusammenarbeit der nationalen HTA-Behörden der EU-Mitgliedsstaaten dar. Zuvor gab es einen freiwilligen Austausch in der EUnetHTA-Gruppe. Mithilfe von HTA-Bewertungen soll der Mehrwert neuer Gesundheitstechnologien und Verfahren für Patientinnen und Patienten im Vergleich zu bereits bestehenden Ansätzen eingeschätzt werden. Auf europäischer Ebene erfolgt künftig eine klinische Beurteilung von Daten im Rahmen der HTA-Bewertung. Sie soll in den Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden, sofern diese Daten für die nationale Fragestellung geeignet sind und den Qualitätsansprüchen genügen. Die eigentliche Entscheidung zum Zusatznutzen von neuen Arzneimitteln trifft in Deutschland weiterhin der G-BA. Sein Beschluss bleibt der Ausgangspunkt für die Preisverhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und den einzelnen pharmazeutischen Unternehmen.

13 EUnetHTA-Mitgliedsorganisationen (HTA-Agenturen aus Spanien, Österreich, Belgien, Frankreich, Italien, Portugal, Irland, Ungarn, Norwegen, Schweden, Niederlande sowie der G-BA und das IQWiG aus Deutschland) sollen die Umsetzung der EU-HTA-Verordnung und somit die künftig verbindliche gemeinsame Arbeit vorbereiten. Methoden, Verfahren und Papiere aus früheren EU-HTA-Projekten werden einbezogen. Nach den ersten gemeinsamen Bewertungen bei Krebsmedikamenten und ATMPs sollen Arzneimittel gegen seltene Krankheiten (Orphan Drugs) folgen und dann alle anderen Verfahren inklusive neuer Anwendungsgebiete und Medizinprodukte.

Quelle: G-BA