Kataraktoperation: Laser versus Ultraschall – Kontroverse zwischen DEGUM und DGII

Die Kataraktoperation ist in Deutschland der häufigste Eingriff der operativen Medizin. Um die richtige Operationsmethode ist jetzt eine Kontroverse zwischen der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) und der der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie (DGII) entbrannt. Wir dokumentieren beide Positionen.

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Laser ohne Mehrwert DEGUM empfiehlt bewährtes Ultraschall-Verfahren für die Behandlung des Grauen Stars

 

Modern, schonend und schnell – mit diesen Attributen wird die lasergestützte Behandlung des Grauen Stars zunehmend beworben. Im Vergleich mit der herkömmlichen Linsenentfernung per Ultraschall bietet der Lasereinsatz jedoch keine nennenswerten Vorteile für den Patientinnen und Patienten, warnt die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). Der klassische Ultraschall-Eingriff sei ein bewährtes Standardverfahren in der Augenchirurgie. Die Behandlung per Laser biete weder von der Operationsdauer noch vom Ergebnis her einen Mehrwert für den Betroffenen, so die Fachgesellschaft – als nicht erstattungsfähige Leistung sei sie aber mit erheblichen Kosten verbunden. Auf einer Online-Pressekonferenz der DEGUM im Dezember erläuterten und verglichen Experten die beiden Verfahren.

Der Graue Star, medizinisch auch als Katarakt bezeichnet, ist ein häufiges Leiden. Mit fortschreitendem Alter bleibt fast niemand von der Linsentrübung verschont, die die Sicht immer weiter beeinträchtigt und unbehandelt bis zur Blindheit führen kann. „Ab einem Alter von 65 bis 75 Jahren sind deutlich über 90 Prozent der Menschen von einem Grauen Star betroffen“, sagt PD Dr. Ulrich Fries, Chefarzt der Augenklinik an den Johanniter-Kliniken Bonn und Stellvertretender Leiter der DEGUM Sektion Ophthalmologie. Bei rund jedem zweiten sei die Linsentrübung so ausgeprägt, dass sie sich als Sehbeeinträchtigung bemerkbar mache. Entsprechend häufig wird der Graue Star operativ behandelt. „Mit jährlich rund 800 000 Eingriffen ist die Katarakt-Operation die häufigste und sicherste Operation in Deutschland überhaupt“, sagt Fries. Die getrübte Linse wird dabei entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt. Klassischerweise wird die Linse dabei im Auge mithilfe eines Ultraschallhandstücks zertrümmert, das durch einen kleinen seitlichen Schnitt zunächst in das Auge und dann in die Linsenkapsel eingeführt wird. Die Trümmerstücke werden abgesaugt, anschließend wird eine individuell angepasste Kunststofflinse in das im Auge verbleibende Kapselhäutchen eingebracht.

Seit einigen Jahren steht mit der sogenannten Laserphakoemulsifikation ein alternatives Verfahren zur Verfügung, bei dem die Linse mithilfe eines Femtosekunden-Lasers zerkleinert wird, der mit ultrakurzen Lichtpulsen arbeitet. „Die Schnitte im Auge werden dabei mit dem Laser vorbereitet, und auch die Linsenzertrümmerung findet per Laser statt“, erklärt Fries. Das klassische Saug-Spül-Verfahren werde jedoch weiterhin benötigt, zum Teil müsse auch per Ultraschall nachgearbeitet werden, weil der Laser sehr kapselnahe Linsenanteile nicht immer gefahrlos zerkleinern könne. „Hier kommt unter Umständen ein zusätzlicher Operationsschritt auf die Patientinnen und Patienten zu“, so Fries. In der Hand erfahrener Operateure seien beide Verfahren sehr sicher und führten zum gleichen operativen Ergebnis, betont der Experte. Der Lasereinsatz sei jedoch deutlich teurer – pro Auge entstehe ein Kostenplus von rund 1500 Euro, das die Patient*innen selbst tragen müssten. „Das Femto-Laser-Verfahren hat noch keine Gebührenordnungsziffer und kann somit nur privat abgerechnet werden“, so Fries. Angesichts des fehlenden Mehrwerts könne er nur davon abraten, den Laser dem Ultraschall-basierten Eingriff vorzuziehen. Dieser sei eine voll bezahlte Kassenleistung und habe sich millionenfach bewährt.

Über die DEGUM: Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint rund 11 000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. Patienten finden DEGUM-zertifizierte Ärzte im Internet unter degum.de.

 

DGII ist befremdet über wenig fachgerechte Äußerungen zur Operation des Grauen Stars

Die alte Weisheit vom Schuster, der besser bei seinem Leisten geblieben wäre, hat sich in der Vorweihnachtszeit, in der traditionell gern Märchen erzählt werden, wieder einmal bestätigt. Die Rolle des Schusters übernahmen dabei auf die Anwendung des Ultraschalls in der Medizin spezialisierte Ärzte, Techniker und Assistenten. Deren wissenschaftliche Vereinigung, die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM), hat in einer Pressekonferenz zur häufigsten chirurgischen Intervention in der heutigen Medizin, der Kataraktoperation, Stellung genommen und dabei eine zweifelhafte Position zu diesem Eingriff, der Entfernung der meist altersbedingt getrübten Linse des Auges, dem „Grauen Star“, eingenommen.

Die DEGUM hat nach Einschätzung der DGII, der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie, in der fast ausschließlich Kataraktchirurgen Mitglied sind, ohne Not eine völlig nutzlose Diskussion losgetreten. Auf der Pressekonferenz wird die bewährte Methode der Operation des Grauen Stars, die Zertrümmerung der Linse mit Ultraschall (Phakoemulsifikation) der neueren Technik der Kataraktoperation mit dem Femtosekundenlaser gegen über gestellt und Letztere sehr nachteilig dargestellt. „Jeder Augenchirurg wertschätzt die sichere und effektive herkömmliche Methode, die Phakoemulsifikation, und wir alle verstehen, dass unsere sich mit Ultraschall beschäftigenden Kollegen darauf stolz sind - das sind wir nämlich auch," erklärt DGII Vorstandsmitglied Prof. Dr. Burkhard Dick, Direktor der Universitätsaugenklinik Bochum. „Aber wir sind auch froh, dass wir unseren Patienten mehr als nur eine erfolgreiche Operationstechnik anbieten können und dass wir heute in bis vor kurzem noch ungeahntem Maße den individuellen Bedürfnissen unserer Patienten mit hoher Erfolgsrate gerecht werden können. Und das verdanken wir auch der recht jungen Technologie des Femtosekundenlasers. Diesen „madig“ zu machen, ist wenig konstruktiv – ganz im Gegenteil: Es steht zu befürchten, dass durch solche subjektiven und durch die medizinische Datenlage nicht gedeckten Stellungnahmen Patienten verunsichert werden. Das kann nicht das Ziel ärztlichen Wirkens sein – sicher auch nicht das der in der DEGUM engagierten Kolleginnen und Kollegen."

Die DGII unterstreicht, dass die Femtosekundenlaser-Kataraktchirurgie (Femcat oder auch LCS, laser cataract surgery, abgekürzt) die Operation mit dem Ultraschall keineswegs ersetzen soll – während der Laserchirurgie kann allerdings sehr häufig komplett auf Ultraschall verzichtet werden. Doch einige wichtige Schritte wie die Eröffnung der Linsenkapsel erfolgen mit dem Laser präziser als manuell. In der Regel setzen alle Femtosekundenlasersysteme heute neben der Anwendung des FS-Lasers (hohe Präzision) auch digitale biomorphometrische Systeme ein u.a. zur individuellen, zyklotorsionsadaptierten Platzierung von Schnitten (z.B. arkuate antiastigmatische Inzisionen, fs-Kapsulotomie) und von Markierungen für die Ausrichtung torischer IOL. Dass die LCS bei der Pressekonferenz als „hippes Verfahren“ bezeichnet wurde, spricht nicht gerade für eine seriöse Beschäftigung mit einer Methode, mit der inzwischen weltweit Hunderttausenden – meist älteren Menschen – ein exzellentes Sehvermögen und dies vielfach ohne Brille wiedergegeben wurde.

Über die DGII: Die Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie (DGII)  wurde im Jahr 1986 als europäische, deutschsprachige Gesellschaft von Katarakt- und refraktiven Chirurgen gegründet.
Die DGII fördert als gemeinnütziger Verein die wissenschaftliche und praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der intraokularen Implantation von Linsen sowie der Katarakt- und refraktiven Chirurgie des Auges durch Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen und durch Anregungen wissenschaftlicher Arbeiten. 
Die DGII hat auch zum Ziel, über die Doppelmitgliedschaft in der European Society of Cataract and Refractive Surgeons (ESCRS) internationale Kontakte zu vertiefen. Dank des Engagements der Europäer gelang es, ab 1996 gleichberechtigt mit den US-Amerikanern die auflagenstärkste ophthalmochirurgische wissenschaftliche Zeitschrift, das Journal of Cataract and Refractive Surgery (Impact Factor 2.285 im Jahr 2008) herauszugeben.

Quellen: DEGUM / DGII