Geteilter Arztsitz: Was Sie ‒ mit Blick auf das Honorar ‒ über das Jobsharing wissen sollten
Die Grundidee des Jobsharings im Vertragsarztwesen besteht darin, dass sich zwei Ärztinnen oder Ärzte derselben Fachrichtung einen Arztsitz teilen. Die Jobsharing-Modelle sind deshalb attraktiv, da sie die Möglichkeit eröffnen, in einem gesperrten Planungsgebiet vertragsärztlich tätig zu werden. Gern wird das Jobsharing auch zur sukzessiven Praxisübergabe eingesetzt.
Zudem bietet es die Gelegenheit, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Jobsharing für die teilnehmenden Vertragsärzte rechtlich und insbesondere auch hinsichtlich des KV-Honorars bedeutet.
Kooperationsformen des Jobsharings: Rechtliche Betrachtung
Rechtlich müssen beim Jobsharing zwei verschiedene Kooperationsformen, nämlich die Jobsharing-Berufsausübungsgemeinschaft und die Jobsharing-Anstellung, unterschieden werden.
1. Jobsharing in der Berufsausübungsgemeinschaft
Bei dieser Variante (siehe § 101 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 101 Abs. 3 SGB V) erhält der hinzukommende Arzt eine Zulassung, die auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkt ist. Die Zulassung ist zeitlich unbefristet, aber an die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG, auch als Gemeinschaftspraxis bezeichnet) gebunden. Sie gilt nur, wenn
• der hinzukommende Arzt (Juniorpartner) und
• der aufnehmende Arzt (Seniorpartner) gemeinsam ärztlich tätig sind.
Der Juniorpartner wird als gleichberechtigter Partner in die BAG, die dafür neu gegründet oder erweitert wird, aufgenommen. Er ist nicht nur für seine ärztliche Tätigkeit gemäß dem Berufsrecht verantwortlich, sondern ‒ wie alle anderen BAG-Mitglieder auch ‒ für wirtschaftliche Fragen. Er wird namentlich auf dem Praxisschild und dem Abrechnungsstempel aufgeführt.
Merke: Die Jobsharing-Partner regeln unter sich, wie sie die Arbeit aufteilen. Es gibt hierfür keine Minimal- oder Maximalvorgabe. Wichtig ist, dass der Seniorpartner weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt!
Der Juniorpartner erhält durch den Zulassungsausschuss eine Zulassung, die in ihrem Bestand an die Zulassung des Seniorpartners gebunden ist (die sogenannte „vinkulierte Zulassung“). Sie ist auf die Dauer der gemeinsamen Tätigkeit begrenzt und endet, wenn die BAG aufgelöst wird.
Merke:
- Nach zehn Jahren der Zusammenarbeit oder bei Entsperrung des Planungsbereichs wandelt sich die beschränkte in eine unbeschränkte Zulassung um.
- Bereits nach fünf Jahren wird der Juniorpartner bei einer Nachbesetzung bevorzugt behandelt, sollte der Praxispartner seine Zulassung zurückgeben.
2. Jobsharing in Anstellung
Bei dieser Variante (siehe § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 59 Bedarfsplanungsrichtlinie) stellt der Praxisinhaber einen Jobsharing-Partner an.
Dazu ist der Abschluss eines Arbeitsvertrags erforderlich. Der Arbeitsvertrag wird dem Zulassungsausschuss vorgelegt, der die Anstellung genehmigen muss. Der anzustellende Arzt erhält keine eigene Zulassung.
Der angestellte Arzt muss nicht explizit auf dem Praxisschild und dem Abrechnungsstempel namentlich aufgenommen werden, kann aber unter dem Zusatz „angestellter Arzt“ dort geführt werden. Der angestellte Arzt benutzt den Praxisstempel des Praxisinhabers und unterschreibt beispielsweise Verordnungen mit seinem Namen unter Angabe der Facharztbezeichnung.
Die Verantwortung für die Praxis obliegt bei der Jobsharing-Anstellung ausschließlich dem Praxisinhaber. Dieser schließt mit dem angestellten Arzt einen schriftlichen Arbeitsvertrag ab, in dem er konkrete Arbeitszeiten festlegt. Er entscheidet, wie die Arbeit zwischen ihm und dem angestellten Arzt verteilt wird.
Merke: Die Jobsharing Anstellung führt ‒ anders als im Fall der Jobsharing-BAG ‒ nicht nach zehn Jahren zu einer unbeschränkten Zulassung.
Auswirkungen des Jobsharings auf das Honorar
Unabhängig davon, welche Kooperationsform des Jobsharings gewählt wird, soll die Zusammenarbeit der Ärzte nicht zu einer Ausdehnung des Leistungsumfangs führen, weshalb das Honorar der „Jobsharer“ begrenzt wird. Rechtsgrundlage für diese Begrenzungen sind die §§ 42, 43 und 60 der Bedarfsplanungsrichtlinie. Danach gelten die folgenden Regelungen:
- Zur Obergrenzenberechnung werden die Honorarbescheide des Vertragsarztes bzw. der BAG der letzten vier Quartale herangezogen; bei einer BAG unterliegt die gesamte BAG der Jobsharing-Obergrenze, nicht nur der Vertragsarzt, dem der Jobsharing-Partner zugeordnet wird.
- Die Obergrenzen sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem Vertragsarzt bzw. der BAG anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als drei Prozent überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von drei Prozent wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen.
- Den Obergrenzen unterliegen alle durch die Vertragsarztpraxis abgerechneten Leistungen, welche im Rahmen der EBM-Ziffern abgerechnet werden. Eine Ausnahme bilden diejenigen Ziffern, die im EBM ausschließlich mit Beträgen in Euro bewertet sind:
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- Leistungen im organisierten Notfalldienst,
- Laborkosten des Kapitels 32 EBM,
- Kostenpauschalen nach Kapitel 40 EBM (z. B. die mit 0,81 Euro bewertete EBM-Nr. 40110 für die Versendung bzw. den Transport von Briefen),
- Zusatzvereinbarungen auf Landesebene und
- Leistungen aus Behandlungsfällen der sonstigen Kostenträger unterliegen der Begrenzung nicht.
- Gegebenenfalls können weitere begrenzende Regelungen über die Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) wirken.
- Die Obergrenzen bestehen für das erste Leistungsjahr fort; sie werden ab dem zweiten Leistungsjahr entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts angepasst.
- Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen
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- des EBM,
- der Bedarfsplanungsrichtlinie oder
- vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben.
- Eine solche Änderung auf Antrag hat zudem bei der Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten i. V. m. § 32 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zu erfolgen.
Praxistipp: Die KVen führen Musterberechnungen für die Jobsharing-Obergrenzen durch. Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, einen Jobsharing-Partner in die Praxis aufzunehmen, lassen Sie sich die Jobsharing-Obergrenze berechnen und kalkulieren Sie, ob sich das angedachte Modell trägt. Vergessen Sie dabei nicht, die Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit und die Einnahmen, die nicht dem Jobsharing unterliegen, zu berücksichtigen.
RAin, FAin MedizinR und SozialR Babette Christophers LL.M., Münster