Morbus Stargardt: Niederländische Forscher berechnen Vererbungsrisiko

Wie wahrscheinlich ist es, Morbus Stargardt an seine Nachkommen zu vererben? Diese Frage lässt sich jetzt besser beantworten. Forscher der Abteilung für Humangenetik am Radboudumc (Universitätsklinikum) in Nijmegen haben auf der Grundlage der Daten von fast 6.000 Betroffenen und einer Kontrolldatenbank aus der Allgemeinbevölkerung das Erkrankungsrisiko der Kinder von Morbus-Stargardt-Patienten berechnet.

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Morbus Stargardt (STGD1) ist mit Varianten im ABCA4-Gen assoziiert. Es gibt unterschiedliche Phänotypen – frühzeitig auftretender STGD1, was der schweren Zapfen-Stäbchen-Dystrophie klinisch ähnelt, sowie intermediärer STGD1 und spät auftretender STGD1. Diese unterschiedlichen Phänotypen werden mit verschiedenen Kombinationen von ABCA4-Varianten assoziiert.

Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt. Das heißt, dass sich der Morbus Stargardt nur entwickelt, wenn das Kind von beiden Elternteilen ein fehlerhaftes ABCA4-Gen geerbt hat. Wenn jemand mit Morbus Stargardt ein eigenes Kind hat, ist also der genetische Status des anderen Elternteils entscheidend. 

Komplexe Risikokalkulation

In der Studie von Stéphanie Cornelis, Esmee Runhart und anderen Medizinern vom Radboudumc (Universitätsklinikum) im niederländischen Nijmegen wurden zahlreiche dieser ABCA4-Gendefekte im Detail analysiert. Cornelis erklärt: „Wir haben uns angeschaut, wie häufig diese Gendefekte in der Bevölkerung vorkommen und untersucht, wie hoch die Chance ist, dass ein Elternteil ohne Morbus Stargardt trotzdem einen Fehler im ABCA4-Gen an sein Kind weitergibt."

Die Kalkulation dieses Risikos ist komplex, weil nicht alle Fehlerkombinationen im ABCA4-Gen zu Krankheiten führen. „Einige Fehler haben schwerwiegendere Auswirkungen als andere", so Cremers. „Eine Kombination aus zwei leichten Fehlern, die in der Bevölkerung sehr häufig vorkommen, führt nicht zu einer Krankheit, während ein schwerer und ein leichter genetischer Fehler zusammen eine Krankheit verursachen können. Jetzt zeigt sich, dass, wenn jemand mit Morbus Stargardt und jemand ohne Morbus Stargardt ein gemeinsames Kind haben, das Risiko zwischen 0,7 % und 3,1 % liegt, dass das Kind ebenfalls erkrankt."

Anhand dieser Ergebnisse können Ärzte Menschen mit Morbus Stargardt genauer über das Risiko ihres Kindes informieren. „Darüber hinaus kann auch der andere Elternteil genetisch getestet werden", erklärt Cremers. „Dann kann man die Erkrankungswahrscheinlichkeit noch genauer bestimmen. Aber genetische Untersuchungen sind teuer und nicht überall auf der Welt verfügbar."

Anwendung auf andere Krankheiten

Die komplexe Berechnung der Erkrankungswahrscheinlichkeit, die dieser Studie zugrunde liegt, lässt sich laut Cremers auch auf andere autosomal-rezessiv vererbte Krankheiten anwenden: „Ich denke, dass diese Methode in Zukunft auch bei anderen Krankheiten eingesetzt werden kann, zum Beispiel beim Usher-Syndrom, bei dem sowohl das Gehör als auch das Sehvermögen beeinträchtigt sind, oder bei der Mukoviszidose. Auch diese Krankheiten können auf schwere und leichte Mutationen zurückzuführen sein."

Diese Forschungsarbeit wurde im American Journal of Human Genetics veröffentlicht: Personalized Genetic Counseling for Stargardt Disease: Offspring Risk Estimates Based on Variant Severity. Stéphanie S. Cornelis, Esmee H. Runhart, et al.

Quelle:

The American Journal of Human Genetics Personalized genetic counseling for Stargardt disease: Offspring risk estimates based on variant severity 
Radboudumc