EinDollarBrille: Entwicklungszusammenarbeit mit Weitblick

Seit zehn Jahren engagiert sich das Projekt EinDollarBrille für ein wichtiges Ziel: Menschen aus Ländern mit niedrigen Einkommen dauerhaft Zugang zu augenoptischer Grundversorgung sowie zu günstigen aber qualitativ hochwertigen Brillen zu verschaffen. Mit Erfolg. Der Verein aus Erlangen hat bis heute rund 400.000 Menschen weltweit mit EinDollarBrillen versorgt.

Malawi ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auch hier engagiert sich der Verein EinDollarBrille. Bild: Martin Aufmuth
Malawi ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auch hier engagiert sich der Verein EinDollarBrille. Bild: Martin Aufmuth

2012 erfand Martin Aufmuth – damals noch Lehrer für Mathematik und Physik – die EinDollarBrille und gründete den gleichnamigen Verein. Heute ist daraus eine global agierende Organisation geworden – weltweit gut vernetzt, mit einem einzigartigen Konzept und Projekten in zehn Ländern: Bolivien, Brasilien, Burkina Faso, Kenia, Kolumbien, Liberia, Indien, Malawi, Myanmar und Peru. 

Mehr als 950 Millionen Menschen auf der Welt bräuchten eine Brille, können sich aber keine leisten. Besonders betroffen sind Länder mit niedrigen Einkommen, insbesondere in Süd- und Südostasien sowie Afrika und Lateinamerika. Der EinDollarBrille e.V. nimmt sich diesem globalen Problem mit einem nachhaltigen Ansatz an.

„Wenn Kinder aufgrund ihrer Sehschwäche nicht lernen oder Erwachsene nicht arbeiten können, ist das nicht nur persönlich dramatisch, sondern wirkt sich auch enorm auf die Wirtschaftskraft der betroffenen Länder aus“, sagt Gründer und Vorstand Martin Aufmuth. „Der Einnahmeausfall dieser Menschen beträgt laut WHO rund 269 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Dieser Betrag entspricht in etwa der jährlichen weltweiten Entwicklungshilfe.“

Die EinDollarBrille – Hilfe zur Selbsthilfe

Die EinDollarBrille wird von Einheimischen auf einer einfachen Biegemaschine handwerklich gefertigt. Sie besteht aus einem extrem leichten, flexiblen, aber stabilen Federstahlrahmen. Farbige Perlen und Schrumpfschläuche verleihen ihr ein individuelles Design. Materialwert inklusive Kunststoffgläser: rund ein US-Dollar. Ihr Verkaufspreis liegt bei zwei bis drei lokalen Tageslöhnen, damit sie auch für sehr arme Menschen erschwinglich ist. 

Das Team in Peru baut eine eigene Brillenproduktion auf. Bild: Martin Aufmuth

Das Prinzip EinDollarBrille 

Es können Brillen in verschiedenen Größen und für unterschiedliche Pupillendistanzen hergestellt werden. Die bereits fertig geschliffenen Brillengläser bestehen aus Kunststoff und sind bruch- und kratzfest. Das Sortiment besteht aus fertig geschliffenen Gläsern in Stärken von -10 bis +8 Dioptrien (in Schritten von 0,5 Dioptrien). Die vorgefertigten Brillengläser können mit einem einfachen Handgriff in den Brillenrahmen eingeklickt werden. Teure Fräsmaschinen und Strom zum Schleifen der Gläser sind bei diesem System überflüssig. 

Die Brillen werden in den Projektländern von eigens ausgebildeten lokalen Fachkräften produziert, individualisiert und vertrieben. So entstehen Arbeitsplätze, Wertschöpfung bleibt im Land und die lokalen Mitarbeitenden können sich eine Existenz aufbauen. „Wir haben in unseren zehn Projektländern bis heute über 280 neue Arbeitsplätze geschaffen“, sagt Aufmuth. „Wir möchten vor allem denjenigen eine Chance geben, die es auf dem lokalen Arbeitsmarkt schwer haben, weil sie beispielsweise eine Behinderung haben oder nicht lesen und schreiben können.“ 

Zwiebelhändler Ashok Sah mit seiner EinDollarBrille. Bild: Antje Christ

Das Vertriebskonzept

In den Ländern, in denen der EinDollarBrille e.V. aktiv ist, haben viele Menschen nicht das Geld, um in die Stadt oder zur nächsten Klinik zu reisen und dort eine Brille zu kaufen. Im Rahmen von Augencamps – lokale Kampagnen im Umfeld der Menschen – werden die Patienten vor Ort in ihrem Alltagsumfeld getestet und erhalten gleich im Anschluss eine individuell angepasste Brille. Die Teams des EinDollarBrille e.V. bringen Brillenrahmen in unterschiedlichen Größen und eine Box mit den fertig geschliffen Linsen zu den Augencamps mit, so dass die Anpassung der Brillen nicht lange dauert und viele Menschen versorgt werden können. Es ist somit kein zweiter Termin erforderlich, der aufgrund der Fahrtkosten ohnehin oft nicht möglich wäre. Daneben baut der EinDollarBrille e.V. in den Projektländern weitere Vertriebskanäle auf wie beispielsweise eigene Shops oder Verkaufsräume in Kliniken und anderen Institutionen, die vor Ort schon existieren. 

Mittlerweile hat EinDollarBrille e.V. bereits rund 400.000 Menschen mit individuell angepassten und bezahlbaren Brillen versorgt. Mehr als 870.000 Menschen haben über einen kostenlosen Sehtest eine augenoptische Vorsorge erhalten. Über aktive Aufklärungsarbeit in Schulen und Gemeinden schafft EinDollarBrille e.V. weltweit ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung guten Sehens und die Wirkung von Brillen.

Die Xingu leben im Regenwald im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso. Brillen sind für sie etwas völlig Neues. Bild: Martin Aufmuth

Katarakt – wenn nur noch eine Operation helfen kann

Manchmal kommen auch Katarakt-Patienten in die Augencamps. Teilweise sind sie bereits fast oder ganz erblindet. Diese Menschen benötigen eine Augenoperation. Die Mitarbeitenden der EinDollarBrille kümmern sich beispielweise in Indien darum, dass die betroffenen Patienten in ein Krankenhaus kommen, wo sie kostenfrei operiert werden. Über 1.500 Menschen haben auf diese Weise im Jahr 2021 bereits eine Operation erhalten.

Hier können Sie die Arbeit von EinDollarBrille e.V. unterstützen.

 

EinDollarBrille-Gründer Martin Aufmuth in Malawi. Bild © Deniz Ispaylar